(aus einem Arbeitspapier des Katechumenat-Netzwerkes von England and Wales, 2015)
Einleitung
Es scheint ein allgemeines Phänomen in Europa zu sein, dass Neugetaufte oft sehr rasch aufhören, sonntags in die Kirche zu gehen bzw. überhaupt den Anschluss an eine gläubige Gemeinschaft (Pfarre) verlieren. Das kann bereits kurz nach der Osternacht, während der Osterzeit (die eigentlich als Phase der Mystagogie ein Zeitraum für Glaubensvertiefung wäre) oder im Laufe des nächsten Jahres geschehen.
Dafür gibt es unterschiedliche Gründe:
Einige sehen die Osternacht als Ziel, das nach der ganzen Vorbereitung nun erreicht wurde, und das Mitleben in der Pfarre wurde nur als vorübergehende Zugehörigkeit betrachtet. Daraus ergibt sich allerdings eine Rückfrage an die Pfarre selbst, wie diese Vorbereitung als Initiation betrachtet und vermittelt wurde.
Andere Pfarren vernachlässigen die Phase der Mystagogie und die Neugetauften erfahren keine weitere Unterstützung.
Andere Neugetaufte erleben nach der erfreulichen, positiven Zeit des Katechumenats, dass es keine ähnliche Gruppe in der Pfarre gibt. Ihnen fehlen Begleitung, das Teilen des Glaubens und die sozialen Aspekte einer Gruppe.
All dies geschieht natürlich nach der Taufe, aber die Wurzeln (und möglicherweise die Lösungen) sind bereits während der Zeit der Vorbereitung angelegt.
Dauer und Sprache
Obwohl der Ritus der Feier der Eingliederung Erwachsener in der Kirche erwartet, dass die Periode eines Katechumenats mehrere Jahre dauern kann, haben wir in unserem Land quasi ein Schuljahresmodell adaptiert, das heißt hier: von September bis. Das schränkt die zeitlichen Möglichkeiten ein und es wird – wohl auch durch unsere Sprachweise – eine Denkweise bestärkt, dass die Taufe in der Osternacht praktisch die Belohnung und das Ziel ist, und damit der Endpunkt – statt der Anfang eines Lebens als Christ zu sein. (Das kann möglicherweise auch für die Vorbereitung zu anderen Sakramenten gelten.) Es braucht also ein Umdenken, in dem erkannt wird, dass es das Ziel ist, ein Mitglied der Kirche zu werden, und ein Christ, der regelmäßig an ihrem sakramentalen Leben teilnimmt.
Individuelle Anpassung des Katechumenats (Unterscheidung)
Ein wesentlicher Aspekt der Feier der Eingliederung Erwachsener in die Kirche liegt in der Unterscheidung und Rücksichtnahme auf die individuelle Situation von Katechumenen. Dies wird an zwei Stellen in der Vorbereitungszeit explizit benannt: beim Ritus der Feier der Aufnahme in den Katechumenat und bei der Feier der Erwählung (Zulassung).
Es ist klar, dass dies entsprechend unterschiedlicher Umstände angepasst werden muss und dass Menschen unterschiedliche Geschwindigkeiten haben auf dem Weg, Christ zu werden. Ein Prozess der Unterscheidung ermöglicht beiden – sowohl den Vorbereitenden als auch den Katechumenen – zu erkennen, ob jemand tatsächlich bereit ist, den nächsten Schritt auf dem Weg des Glaubens zu gehen. Natürlich ist es eine Herausforderung zu erkennen, dass jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht bereit ist und eben noch mehr Zeit braucht. Dann müssen die Vorbereitenden (Gruppen) überlegen, ob man bei dem ursprünglich überlegten Zeitplan bleiben will oder ob man verschiedenen Katechumenen unterschiedliche Geschwindigkeiten ermöglicht und damit den allgemeinen Zeitplan relativiert, um diesen Person-bezogen anzupasssen.
Eingliederung in die Gemeinschaft und Sonntagsmesse
Im Allgemeinen versteht man die Phase der Mystagogie nach Ostern als eine Zeit, in der Neugetaufte in eine pfarrliche Gemeinschaft integriert werden und in das Gemeinschaftsleben aktiv einbezogen werden. Die notwendige Integration und Eingliederung in eine (pfarrliche) Gemeinschaft ist der Schlüssel, um das Glaubensleben der Neugetauften zu fördern und sie auf dem Weg des Glaubens voranschreiten zu lassen.
Manchmal wird in diesem Zeitraum aber deutlich, dass ein Katechumenat nicht gut konzeptioniert war, wenn nämlich vor allem inhaltlich der Glaube gelehrt bzw. gelernt wurde. Dies ist zwar ein wichtiger Aspekt, allerdings geht es nicht nur darum, sondern um viel mehr:
Es geht um ein Verstehen der Glaubensinhalte, die durch das liturgische Jahr hindurch geordnet sind.
Es geht um ein Engagement im Leben der kirchlichen Gemeinschaft.
Es geht um eine Teilnahme in der Liturgie.
Es geht um ein Bezeugen des Glaubens in der praktischen Lebensführung.
Tatsächlich ist die Sonntagsmesse bereits im Katechumenat ein wichtiger Ort, wo verschiedene Aspekte zusammenkommen und Katechumenen eine Integration in die Gemeinschaft des Glaubens erleben.
Die Vorbereitungsgruppe
Die Rolle einer Vorbereitungsgruppe ist sehr wichtig, um Menschen in der Entwicklung ihres Glaubens zu begleiten.
Eine Gefahr ist es allerdings, wenn die positiven Erfahrungen einer solchen Gruppe sehr nach innen gerichtet sind; etwa wenn man meint, dass die Glaubensentwicklung ausschließlich in der Gruppe stattfindet, während doch die ganze kirchliche Gemeinschaft (vor Ort) mit ihrem ganzen Leben im Blick sein sollte. Wenn eine solche Gruppe also sehr nach innen orientiert war, ergibt es sich, dass man auch nach der Taufe an ihr festhalten will – und das ist eigentlich unrealistisch.
Deshalb ist ein Kennenlernen und Kontakte-knüpfen in der größeren Gemeinschaft der Pfarre wichtig. Denn in ihrer Vielfalt eröffnet sie für Neugetaufte verschiedene Möglichkeiten, Lern- und Erfahrungsort des Glaubens und in verschiedenen Bereichen interessant zu sein.
Begleiter/innen und Paten
Die Rolle von Begleiter/innen und Pat/innen wird manchmal vernachlässigt. Doch liegt es oft an ihnen, Katechumenen bei der Sonntagsmesse zu begleiten und sie in die Gemeinschaft einzuführen.
Es gibt Länder, die eine Rolle des Paten als einen Dienst sehen und dafür Aus- und Weiterbildung vorsehen. Sie werden aus der Pfarre ausgewählt und können „gesandt“ werden, um ein gläubiges Zeugnis für die Katechumenen zu geben.
Eine andere Herausforderung kann man bemerken, wenn Katechumenen bzw. Neugetaufte sich an der Glaubenspraxis von katholischen Freunden orientieren, die jedoch selbst nur gelegentlich am Leben der Kirche (der Pfarre) teilnehmen. Auch deshalb wären Begleiter/innen bzw. Paten aus der Pfarre wichtig, die auch nach der Taufe im Sinn einer Art Glaubensbegleitung Kontakt halten.
Die Zeit der Mystagogie / Katechese nach der Taufe
Obwohl wir feststellen, dass viele Gründe bereits vor der Taufe grundgelegt sind, wenn Personen nach der Taufe kein weiteres Glaubensleben sichtbar praktizieren, führt dies doch auch zu einer grundlegenden Betrachtung der Zeit der Mystagogie. Es scheint oft unklar zu sein, was hier eigentlich konkret geschehen soll.
Es geht in der Zeit der Mystagogie nicht darum, irgendetwas Neues zu tun, sondern das zu entwickeln und zu vertiefen, was bereits geschehen ist. (In diesem Sinn verweisen eigentlich bereits frühere Katechumenatsphasen auf diese Zeit der Mystagogie.) Es geht um eine mystagogische Reflexion des Glaubens.
Ein Beispiel, das man allen Gottesdienstbesucher/innen anbieten könnte, wäre eine Zeit für eine Reflexion/Betrachtung der Lesungen während der Osterzeit. Als Leitfragen könnten dann dienen: Was haben Sie bemerkt? Was bedeutet das? Was spricht Sie an?
In manchen Diözesen finden in der Zeit der Mystagogie ein Gottesdienst und eine Begegnung mit dem Bischof statt. Das ist mit hohen Erwartungen von Seiten der Neugetauften verbunden, die in der Praxis oft enttäuscht werden.
Tatsächlich hätte an dieser Stelle der Bischof die Chance als „der Mystagoge“ seiner Diözese über den konkreten Anlass hinaus diesem gesamten Zeitraum von Ostern bis Pfingsten ein mystagogisches Profil zu geben.
Und wieder ist in Erinnerung zu rufen, dass wir auf einen Lebensweg hin getauft sind, der keinesfalls mit der Phase der Mystagogie endet. Es geht darum, mit den Augen des Glaubens die Welt zu sehen. Diese neuen Lebensperspektiven rufen zum Tun, zum Bezeugen, zur Evangelisierung... d.h. zu einer lebenslangen Initiation.
Eine erneuerte Vision von Initiation
Vieles, was hier beschrieben wurde, kann im Ritus der Feier der Eingliederung Erwachsener in der Kirche nachgelesen werden.
Es gibt nachvollziehbare Gründe, warum es sich so entwickelt hat, wie es ist. Lange Zeit war der Wunsch dazuzugehören leitend für Erwachsene, die getauft werden wollten. Regelmäßig ist die Frage offen geblieben: Was geschieht denn, wenn Menschen schon dazugehören?
Die Sonntagsmesse bildet das Herz einer Gemeinschaft, die Menschen willkommen heißt und durch ihr Leben Zeugnis gibt. Darüber hinaus geht es um die größere Verbundenheit in der Kirche als Volk Gottes – und um einen lebenslangen Weg des Glaubens, um eine lebenslange Initiation, um ein lebenslanges Christ-werden.