Missionarisch Pfarre sein
Missionarisch Pfarre sein
(nach: Il volto missionario delle parocchie in un mondo qui cambia,
Nota pastorale der italienischen Bischofskonferenz - freie, gekürzte, bearbeitete Zusammenfassung von Walter Krieger)
Einleitung
Die Pfarren sind ein wesentlicher Ort für das Leben der Kirche:
- Sie sollen die Sorgen und Hoffnungen, Fragen und Sehnsüchte, auch jene die nicht ausgesprochen werden, der Menschen hören, und ein mutiges Zeugnis für die Liebe Gottes geben. Sie stehen für eine glaubwürdige Verkündigung der Wahrheit über das Menschsein, das in Jesus Christus sein Beispiel nimmt.
- Die Eucharistie soll als Kraft der Einheit erfahrbar sein und in Schönheit gefeiert werden. Kinder und Jugendliche sollen in das christliche Leben eingeführt werden. - Der Sonntag ist das Zentrum des pfarrlichen Lebens.
- Pfarren fördern den Glauben der Erwachsenen, der sich dann im Alltag, in der Arbeit, in der Freizeit und in allen Lebensbereichen bewähren soll.
- Pfarren pflegen weiterhin auch eine Volksfrömmigkeit. Sie sind offen für alle. Ihre Sorge gilt den Armen. Sie sind bereit zur Zusammenarbeit mit allen sozialen Einrichtungen. Sie versuchen, Kultur zu fördern.
- Pfarren arbeiten mit den Diözesen eng zusammen.
- Eine missionarische Pfarre braucht "neue" Mitarbeiter/innen, die eine besondere missionarische Sensibilität haben und miteinander Gemeinschaft bilden. Diese fühlen sich in erster Linie für die Verkündigung des Evangeliums verantwortlich, während andere eben andere Aktivitäten tragen. Sie fördern Charismen und sorgen dafür, dass Laien entsprechend weitergebildet werden.
I. Das Evangelium unter den Menschen zur Sprache bringen
1. Evangelisierung: ein Auftrag für immer und für heute
Der Auftrag zur Evangelisierung gilt immer, ist aber unter den jeweiligen gegenwärtigen Bedingungen stets neu. In einer christlichen Gemeinschaft soll vor allem eine Sehnsucht zentral sein: dass alle Menschen Christus kennen lernen können.
Deshalb ist Bewahrung heute zu wenig. Es braucht eine missionarische Pastoral, die von neuem das Evangelium verkündet und verdeutlicht: Es ist möglich, ja, es ist schön, gut und sinnvoll, als Mensch von heute gemäß dem Evangelium zu leben. Das wird sich auch positiv für die Gesellschaft auswirken. Alle sind berufen, in Jesus Christus zu einer familiären Beziehung zu Gott zu finden. Diese macht Menschen "heilig". Deshalb ist eine missionarische Pastoral in gewisser Weise eine Pastoral der Heiligkeit.
2. Die Verkündigung des Evangeliums in den Pfarren ist im Umbruch
Pfarren sind dazu da, alle Menschen willkommen zu heißen. Sie sind nicht als exklusiver Zirkel gedacht. Heute stellen sich - unerwartet - neue Herausforderungen. Wir beobachten, dass immer mehr Ungetaufte Christen werden wollen, besonders Migrant/innen. Wir sehen, dass Getaufte, die nie den Glauben praktiziert haben, diesen plötzlich entdecken.
Die Veränderung der Gesellschaft bringt Menschen in neue Lebenssituationen und verändert ihre Lebensbedingungen. Dies gilt es in den Pfarren wahrzunehmen. Dabei ist die Situation nicht nur soziologisch, sondern auch theologisch und ekklesiologisch zu deuten und zu verstehen.
Diese Veränderungen sind nicht eindeutig, sondern oft widersprüchlich. Deshalb braucht es immer wieder die Gabe der Unterscheidung.
3. Territoriale Kirche: Diözese und Pfarre
Die Pfarre ist Teil der Gesamtkirche, sie ist mit der Diözese verbunden. Sie soll diese Verbundenheit mit dem Bischof, den diözesanen Stellen, mit den anderen Pfarren pflegen. In und durch die Pfarre lebt die Kirche inmitten der Menschen als Teil des Stadtviertels, als Teil des Dorfes. Pfarren sind geschichtlich gewachsen und wurden aus pastoralen Gründen errichtet. Sie sollen sich nicht als bloß administrativer Bezirk verstehen.
Pfarren sind in besonderer Weise eine Lokalisierung der Teilkirche (ähnlich gilt dies für Ordensgemeinschaften, für die kategoriale Seelsorge, für Verbände, Gruppen und usw.) Pfarren bilden fundamentale Zellen für das alltägliche Leben der Diözesen. Pfarren leben aus der Gemeinschaft der Glaubenden: Man kennt sich, ist einander wohlwollend (in Liebe) verbunden. Man versammelt sich zur Eucharistie. Man weiß sich gesandt zu allen Menschen im Pfarrgebiet und das bedeutet für die Pfarre am Ort letztlich katholisch zu sein: für alle da zu sein.
4. Die Sendung der Pfarre heute
Im Gleichnis vom verlorenen Schaf (Lk 15,4-7) zeigt Jesus: Ein einziges Schaf ist es wert, dass 99 andere vorübergehend alleingelassen werden, eben um dieses eine zu suchen. Und sobald man es gefunden hat, ist die Freude groß für alle. Jesus Christus lässt niemanden im Stich. Dieses Bild - Jesus, der Gute Hirte - ist schlechthin das Bild für eine Pfarre, für ihre Sendung zur Evangelisierung und für das Zeugnis für die Menschen von heute.
Da Pfarren mitten unter den Menschen sind, können sie flexibel auf gesellschaftliche Transformationsprozesse reagieren, die auch in den Pfarren ihren Niederschlag finden.
Vielleicht gibt es heute zwei Gefahren: nämlich eine allzu große Selbstbezogenheit oder ein allzu dominierendes Verständnis als Dienstleistungszentrum (für Sakramente). Aber man soll sich immer vor Augen halten: Zentral geht es um eine echte Glaubenskommunikation.
Das bedeutet: Es braucht in der Pfarre Erfahrungsräume für Jesus Christus, für den Glauben an ihn.
In den Pfarren verwirklicht sich die Gestalt einer Kirche, die nahe bei den Menschen ist. Das bedeutet, Begleitung anzubieten, Menschen willkommen zu heißen. In den Pfarren verwirklicht sich die Gestalt einer einfachen, bescheidenen und freundlichen Kirche. Dies soll aber nicht so missverstanden werden können, dass eine Pfarre "schwach" wäre. Schließlich verwirklicht sich in einer Pfarre die Gestalt einer Volkskirche. Das bedeutet, sie kann auf die Situation der Menschen am Ort eingehen. Dieses Selbstverständnis verdichtet sich in der Gegenwart Jesus Christi in der Eucharistie. Deshalb ist die sonntägliche, gemeinschaftliche Eucharistiefeier Quelle, Herz und höchster Ausdruck des kirchlichen Lebens.
5. Die Entscheidung für ein erneuertes missionarisches Wirken
Die Zukunft der Kirche braucht die Pfarren. Sie sind das konkrete Bild der Sehnsucht Gottes, unter den Menschen zu wohnen, eine Sehnsucht, die in Jesus Christus Realität geworden ist. Die Pfarren sind heute und in Zukunft unverzichtbar für die Kommunikation des Glaubens und für das Leben des Evangeliums in den alltäglichen Lebensbedingungen.
Aber die Komplexität und die Schwierigkeiten sind deutlich. Es braucht eine neue apostolische Großzügigkeit und pastorale Klugheit. Es braucht den Willen, sich auf gemeinsame Prozesse des Teilens des Lebens und des Glaubens einzulassen. Es braucht die Bereitschaft und Klugheit, auf jede einzelne Situation in besonderer Weise einzugehen.
Natürlich gebührt allen vorhandenen pastoralen Möglichkeiten (mit ihren "missionarischen Anknüpfungspunkten") größte Wertschätzung. Vielleicht kann manches besser genützt werden. Das missionarische Wirken ist aber kein Gegensatz zum Bisherigen, sondern eine Vertiefung und Weiterführung... auf Zukunft hin. Dazu braucht es den Mut zu Neuem, einen Mut, den der Heilige Geist schenken möge.
II. Notwendige pastorale Veränderungen für eine missionarische Pfarre
6. Ausgangspunkt: die Erstverkündigung des Evangeliums
Als Christ wird man nicht geboren, Christ wird man. Das ist bis heute schwierig, angesichts von Säkularisierung, Gleichgültigkeit, Agnostizismus usw. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass es eine Erneuerung der Erstverkündigung des Glaubens braucht. Denn auf diese Erstverkündigung bauen alle weiteren pastoralen Schritte auf.
WILLKOMMEN! Alle können kommen und finden eine offene Tür in den schwierigen oder frohen Momenten des Lebens. Diese Atmosphäre des Willkommens steht an erster Stelle jeglicher Evangelisierung.
VERKÜNDIGUNG: Ein freundliches, wohlwollendes Wort; bei passender Gelegenheit bringt man Jesus Christus und seine Botschaft ins Gespräch. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die Gläubigen selbst miteinander über den Glauben sprechen können.
VON MENSCH ZU MENSCH: Nur so kann heute Glaubenskommunikation im Sinn von Evangelisierung gelingen.
DAS HÖREN AUF DAS WORT GOTTES: Dieses sensibilisiert und bereitet darauf vor, selbst über den Glauben sprechen zu können. Dazu gehört es, die Bibel wertzuschätzen, in ihr - nach Möglichkeit in Gemeinschaft - zu lesen. Im Anschluss daran braucht es sicherlich geplante Initiativen der Verkündigung.
All dies ist in jeder Pfarre möglich, zumindest in bestimmtem Maß. Dabei können und sollen die Pfarren Zusammenarbeit suchen, mit Orden bzw. mit Gemeinschaften, die ein besonderes Charisma zur Glaubensverkündigung haben.
Auch Kunstwerke und geschichtliche Zeugnisse sind Anknüpfungspunkte, die für die Menschen von heute erschlossen werden können.
Ein weiteres wichtiges Feld für die Erstverkündigung ist der Dialog mit der Kultur der Gegenwart. Hier kann man Spuren des Christlichen entdecken und wertschätzen, auch im zivilen Leben. Wo diese Begegnung zwischen Kultur und Glauben auf intelligente (und nicht übergestülpte) Weise stattfindet, wird man viel Offenheit erfahren.
Vielleicht sind manche Pfarren damit ein wenig überfordert, aber mit Unterstützung von einschlägigen Einrichtungen und Experten könnte das eine oder andere Projekt gelingen.
Auch der religiöse Pluralismus verlangt eine neue Aufmerksamkeit. Hier zählt wohl am meisten der Dienst der Liebe (Caritas), der einen eigenen Standpunkt aus dem Evangelium verbindet mit Respekt und Wertschätzung gegenüber anderen Religionen, in denen auch Spuren der Wahrheit zu finden sind. Wo der eigene Standpunkt klargelegt (und der andere gehört) wird, entsteht ein Raum, der offen ist für religiöse Freiheit, für einen Dialog zwischen den Religionen und für die Zusammenarbeit mit allen Menschen guten Willens, um den Frieden zu fördern.
In den letzten Jahren sehen wir weiters zahlreiche, auch "erfolgreiche" Bemühungen um Projekte rund um von "Volksmissionen neu".
Beim Gehen zu allen Menschen bis an die Grenzen der Erde (Mt 28) finden die Pfarren ihr Beispiel in Jesus Christus selbst. Dies wollen wir glaubhaft weiterführen, auf ökumenischen Wegen, im Dialog und im Gebet mit unseren christlichen Geschwistern.
7. In der Dynamik von Initiation
Grundlegend dafür ist, dass die Pfarren selbst ein Zeugnis im alltäglichen liebevollen Zusammenleben geben.
Sakramentenvorbereitung der Kinder: Hier gibt es viele Bemühungen. Gleichzeitig kann man sicherlich von einer Krise sprechen, wenn die Vorbereitung und der Empfang eines Sakraments scheinbar spurlos für das weitere Leben der Kinder bleiben. Es ist an der Zeit, die Sakramente der Taufe, der Eucharistie (Erstkommunion), der Buße (Erstbeichte) und der Firmung nicht mehr als einzelne Ereignisse, sondern als einen Prozess, als einen zusammengehörigen Weg zu sehen, auf dem Initiation (= Einführung und Entwicklung im Glauben) geschieht. Wenn dies etwa in der Erstkommunionvorbereitung einigermaßen gelingt, wird die Eucharistie vielleicht weniger als einmaliges, abschließendes Ereignis, sondern als Angebot verstanden werden, dieses Geschenk Gottes jeden Sonntag zu erneuern... (Konkret sind die Gefahren des Laxismus und des Rigorismus weiterhin zu vermeiden.) Hilfreich ist eine katechumenale Perspektive. Dabei geht es um Etappen in der Entwicklung des Glaubens, die unterschiedlich akzentuiert sind, aber doch zusammengehören. Und es bedeutet, dass alle Lebensbereiche und alle Dimensionen des Glaubens miteinander verbunden sind.
Für vieles ist die Familie grundlegend, auch für die Weitergabe des Glaubens. Deshalb ist den Eltern ein entsprechender Weg für den Glauben anzubieten, womöglich parallel zu einer Sakramentenvorbereitung der Kinder. Es soll den Pfarren klar werden: Es genügt nicht, sich auf das Kind in der Erstkommunionvorbereitung zu konzentrieren, sondern es gilt, die Familien in ihren konkreten Situationen mitzusehen und zu berücksichtigen.
Immer öfter interessieren sich Ungetaufte oder Getaufte, die niemals ihren Glauben zum Leben erweckt haben, im Erwachsenenalter für den Glauben. Für sie ist oftmals eine Adaption des katechumenalen Weges hilfreich. Die Pfarren selbst werden dabei oftmals von religiösen Fragen von Menschen herausgefordert, die aus einem nicht-religiösen Umfeld kommen, manchmal scheinbar aus einer Welt, die weit entfernt ist. Wesentlich in jedem Initiationsprozess ist die persönliche Begegnung.
8. Der Sonntag
An jedem Sonntag trifft sich das Volk Gottes, das von Jesus Christus versammelt wird, zur Feier der Eucharistie, um seinem Auftrag zu folgen "Tut dies zu meinem Gedächtnis" (Lk 22,19). Die Eucharistie ist die Nahrung des christlichen Lebens. Sie ist Quelle und Höhepunkt jeglicher Evangelisierung, weil sie die Menschen mit Christus und in ihm mit dem Vater und dem Heiligen Geist innigst vereint. Das Zentrum des Sonntags ist für die Pfarren die Feier der Eucharistie. Der Sonntag ist Tag des Herrn, Tag der Kirche, Tag für die Menschen, Tag für die Familien. Diese anthropologische, kulturelle und soziale Bedeutung des Sonntags ermöglicht ein Gemeinschaftserlebnis und ist ein Fest. Darin befreit der freie Sonntag die Menschen von der Dominanz der Arbeit und des Profits und vor der Gefahr, dass ein Fest zum bloßen Vergnügen wird...
Die Feier einer Liturgie soll würdig, einfach und schön sein. Sie ist Ausdruck eines Geheimnisses, das in die Zeit gekommen ist. Sie soll die Freude der Verbindung Gottes mit den Menschen spürbar zum Ausdruck bringen. Neben der Eucharistiefeier sollen auch andere Formen des Gebets, der Liturgie, der Spiritualität gepflegt werden. Der Tag des Herrn ist ein Tag der Gemeinschaft und ein Tag des Zeugnisses für die christliche Sendung.
9. Die Förderung des Glaubens für Erwachsene und für Familien
Zentral geht es darum, dass Menschen im Glauben offen werden können für die Trans¬zendenz und einen stabilen Halt im Leben in der Nachfolge Jesus Christi finden können. Eine missionarische Pfarre muss sich wirklich auf das Leben der Menschen einlassen, um ihnen dienen zu können. Dabei geht es um eine Wahrnehmung all ihrer Lebenssituationen, ihrer Beziehungen/Familien, ihrer Arbeit, ihrer Freiheit.
Familien sind nicht nur Ziel einer missionarischen Pfarre, sondern Mitwirkende. Ein Anknüpfungspunkt, den Glauben zu stärken, ist sicher die Taufe eines Kindes, später die Vorbereitung zur Erstkommunion, in die womöglich die Familien (ähnlich wie in der "Familienkatechese") einbezogen werden sollten. Die erste Verantwortung für die Erziehung liegt bei den Eltern. Wenn möglich sollen sie in der Pfarre Unterstützung für diese anspruchsvolle Aufgabe finden und dabei auch Inspiration für eine Erziehung im Glauben.
Die Pfarre soll aber auch Familien in schwierigen Situationen im Blick haben bzw. auch für jene offen sein, die in unterschiedlichsten Formen von Beziehungen leben. Niemand soll vom pfarrlichen Leben ausgeschlossen werden, jeder soll einen Ort finden, wo er/sie mitleben kann.
Missionarisch sein gegenüber Jugendlichen bedeutet: ihre Welt kennen zu lernen, ihre Sprache zu verstehen; Jugendliche sollen selbst fähig und ermutigt werden, unter ihresgleichen "missionarisch" zu sein, vor allem durch eine Gemeinschaft, die ihnen Rückhalt gibt sowie durch ein persönliches Schöpfen aus dem Evangelium.
Die Welt der Arbeit wird immer komplexer. Vielleicht können Pfarren Anregungen geben, damit Menschen eine wahrhaft menschliche Vision ihrer Arbeit erhalten bzw. bewahren.
Auch für die Freizeit kann die Pfarre Anknüpfungspunkte bieten, damit diese sinnvoll gestaltet werden kann. Neben Angeboten zum Gebet, zur Meditation sollen auch - je nach Möglichkeit - Feste, Begegnungsmöglichkeiten, Kulturelles, Spiel und Sport im pfarrlichen Leben Platz haben.
Grundlage für jede pastorale Aktion mit Erwachsenen ist die Wiederentdeckung der Taufe und daraus die Entdeckung der je eigenen Berufung, sei es zu einem bestimmten Dienst, sei es zur Ehe, sei es für einen geistlichen Beruf. In diesem Sinn soll auch eine Berufungspastoral im weitesten Sinn in einer Pfarre immer wieder zur Sprache kommen.
10. Zeichen für die Fruchtbarkeit des Evangeliums
Eine Pfarre ist eine Art Wohnung für das Zeugnis der Liebe Gottes. Sie gibt Raum für den direkten Kontakt aller, die auf ihrem Gebiet wohnen. Ihre Sorge gilt den Bedürftigen, für die sie mit einer Fantasie der Liebe da zu sein versucht. Eine Pfarre ist im Gespräch mit den sozialen und kulturellen Einrichtungen am Ort und mit lokalen Medien.
11. Eine integrierte Pastoral
Pfarren sind und bleiben ein bevorzugter, wichtiger Ort für die Präsenz der Kirche in der Welt von heute. Aber eine größere Öffnung wird nötig sein. Man muss umdenken, denn die vielen kleinen Pfarren haben manchmal keinen Priester mehr am Ort und sind mit manchen pastoralen Aufgaben wahrscheinlich überfordert. Die Zeit, in der Pfarren alles selbst gemacht haben, in der Pfarren sich selbst genügt haben, ist vorbei. Einmal ist eine größere intensivere Zusammenarbeit angesagt, sodann braucht es strukturelle Reformen, die in vielen Diözesen auf dem Weg sind. Und es sollen neue Formen kirchlicher Gemeinschaftsbildung vermehrt in den Blick kommen: die Bildung religiöser Zentren, neue Bewegungen (Movimenti), kirchliche Vereinigungen, die Gruppierungen der Katholischen Aktion u.a.m.
12. Die Verantwortung der ganzen Gemeinschaft
Alle Gläubigen sind für einen missionarischen Weg einer Pfarre mit-verantwortlich. Eine besondere Rolle hat natürlich der Priester. Er übt den Dienst des Lehrens, Heiligens und Leitens aus. Heute ist noch viel mehr gefragt. Denn die Erneuerung von Pfarren in Richtung eines größeren missionarischen Bewusstseins verlangt jedoch mehr. So soll ein Priester vor allem die Charismen entdecken, wertschätzen und fördern, die der Herr der Pfarre geschenkt hat. Ein Priester übt in einer Pfarrgemeinde vielfältigste Aufgaben aus. Die Gefahr des Aktivismus ist groß, ebenso dass er sich als Einzelkämpfer fühlt. Für die Priester braucht es daher untereinander Gemeinschaftsbildung, beständige Weiterbildung, Zeiten für das Gebet, aber auch für Erholung. Ein Priester von heute ist berufen, ein Gemeinschaftsmensch zu sein, der die Zusammenarbeit aller fördert und unterstützt.
Veränderte Strukturen sollen darauf Bedacht nehmen, dass Priester wieder vermehrt auch miteinander Gemeinschaft bilden und in größeren Seelsorge-Räumen zusammenarbeiten.
Eine Weiterbildung der Laien hat zwei Richtungen. Die erste unterstützt sie in ihrem Christ-Sein, sodass sie das Evangelium in ihrem Lebensalltag vertieft leben können.
In einer zweiten Richtung geht es um die Befähigung für die Übernahme von Diensten in der Gemeinschaft der Kirche. Dabei ist zu bedenken, dass die Kirche nicht so sehr professionelle Pastoral benötigt, sondern viel mehr Menschen, die in einer Haltung des Evangeliums ihren Beitrag leisten.
Idealerweise übt ein Ständiger Diakon einen Dienst in einer Gemeinde aus und eine Gemeinschaft des Geweihten Lebens ist ebenfalls präsent.
13. Ein Raum der Hoffnung
"Die" Pfarre gibt es nicht, sondern eine Vielfalt von Pfarren, von denen jede eine eigene Geschichte und einen eigenen Auftrag hat.
Gastfreundschaft/Offenheit: Es geht darum, alle Menschen in einer Haltung des Willkommens zu begrüßen, auch wenn sie nur "etwas wollen". Hier kann ein Kontakt entstehen, hier kann vielleicht ein Gespür und eine Wertschätzung für die Dienste der Kirche im konkreten Fall und darüber hinaus wachsen.
Eine Pfarre muss Anteil nehmen an der Welt am Ort, an dem sie existiert. Sie soll daran interessiert sein, Netzwerke zu bilden, und selbst Teil eines kommunikativen Netzwerkes zu sein. Das beginnt eben bei der Offenheit, bei der Gastfreundschaft.
Ein nächster Schritt ist das Bewusstsein, auf der Suche zu sein, auf der Suche nach Anknüpfungspunkten, nach Initiativen, nach den Fragen der Menschen, auf die eine Antwort aus dem Evangelium erhofft wird. Dafür braucht es Menschen, die auskunftsfähig sind.
Jede Pfarre hat etwas zu geben. Dies ist zunächst ihre Präsenz mitten unter den Menschen, ihre Präsenz und das, was darin das Evangelium verdeutlicht, vor allem das Zusammenstehen in Wohlwollen und Liebe sowie das Leben aus der Eucharistie und das Hören auf das Wort Gottes.
Ungeachtet aller Erfolge und Misserfolge, aller Mühen, Sorgen und Freuden angesichts eines verbreiteten Desinteresses für das Evangelium hält die Pfarre vor allem die Hoffnung wach, die Hoffnung auf Gott. Er ist es, der Grund all unserer Hoffnung ist, d.h. er ist es, der die Pfarre erneuert und das christliche Leben mit Freude erfüllen will. Die Pfarren sind ein - vielleicht bruchstückhaftes - Zeichen mitten unter den Menschen jener heiligen Stadt, in der Gott in Vollendung mit den Menschen lebt ... (Offb 21,2-3).
Einleitung
Die Pfarren sind ein wesentlicher Ort für das Leben der Kirche:
- Sie sollen die Sorgen und Hoffnungen, Fragen und Sehnsüchte, auch jene die nicht ausgesprochen werden, der Menschen hören, und ein mutiges Zeugnis für die Liebe Gottes geben. Sie stehen für eine glaubwürdige Verkündigung der Wahrheit über das Menschsein, das in Jesus Christus sein Beispiel nimmt.
- Die Eucharistie soll als Kraft der Einheit erfahrbar sein und in Schönheit gefeiert werden. Kinder und Jugendliche sollen in das christliche Leben eingeführt werden. - Der Sonntag ist das Zentrum des pfarrlichen Lebens.
- Pfarren fördern den Glauben der Erwachsenen, der sich dann im Alltag, in der Arbeit, in der Freizeit und in allen Lebensbereichen bewähren soll.
- Pfarren pflegen weiterhin auch eine Volksfrömmigkeit. Sie sind offen für alle. Ihre Sorge gilt den Armen. Sie sind bereit zur Zusammenarbeit mit allen sozialen Einrichtungen. Sie versuchen, Kultur zu fördern.
- Pfarren arbeiten mit den Diözesen eng zusammen.
- Eine missionarische Pfarre braucht "neue" Mitarbeiter/innen, die eine besondere missionarische Sensibilität haben und miteinander Gemeinschaft bilden. Diese fühlen sich in erster Linie für die Verkündigung des Evangeliums verantwortlich, während andere eben andere Aktivitäten tragen. Sie fördern Charismen und sorgen dafür, dass Laien entsprechend weitergebildet werden.