Die Beziehung zu Jesus Christus und eine angemessene „Nachahmung“ seines Lebensstils ist Grundvoraussetzung für ein Leben als Christ. Das beinhaltet, immer wieder auf ihn zu schauen und sich an ihm zu orientieren, mit anderen Worten: zu ihm umzukehren.
In diesem Sinn kann daher niemand getauft werden, der Grundnormen der christlichen Ethik nicht grundsätzlich bejaht und wenigstens ansatzweise begonnen hat, diese in seine Lebenspraxis zu übernehmen.
Grundlegend ist die Annahme Jesu Christi in das eigene Leben als Mittelpunkt des eigenen Menschseins. Es geht dabei um eine Art Herrschaftswechsel vom Tod zum Leben, von eigenen Göttern und verschiedenen religiösen Verbindlichkeiten und Vorstellungen zur Hinordnung auf Leben und Wort des Herrn unter dem Aspekt der persönlichen Wandlung und der Nachfolge, des Zeugnisses für Christus und ein Leben mit der Gemeinschaft der Kirche, in der sich das neutestamentliche Gottesvolk verwirklicht.
Die Vorbereitung auf die Taufe muss deshalb zu einer Neuausrichtung des ganzen Menschen führen und ihn zur Umkehr bewegen – im Einklang mit der übrigen inhaltlichen Vorbereitung und den liturgischen Feiern.
Ein wesentlicher Schritt dazu ist die Eröffnung eines vertieften Verständnisses der Heiligen Schrift und einer Aufmerksamkeit dafür, was dies für das eigene Leben – und evtl. notwendiger Veränderungen – bedeutet. Ebenso wichtig ist eine Teilnahme an der Sonntagsfeier der Gemeinde, die schon aufgrund ihrer Regelmäßigkeit eine Änderung der bisherigen Lebensgestaltung mit sich bringt.
Vergebung und Versöhnung
Ein wesentlicher Aspekt ist die Frage, wie groß die Bereitschaft zu Vergebung und Versöhnung ist. Besonders bei älteren Taufbewerbern oder solchen aus sehr schwierigen Lebensumständen muss sich in Laufe der Begleitung zur Taufe klären, dass die Vergangenheit Versöhnung und Vergebung braucht. Dabei ist darauf zu achten, nicht vorschnell die Taufbewerber zu motivieren, sich über die eigenen Verletzungen und die Tiefe der Schuld hinwegzusetzen. Echte Versöhnung und Vergebung hat mit Heilung zu tun und diese geschieht weder automatisch noch allzu rasch. Sie braucht Zeit und Gebet: einerseits das persönlichen Gebet des Taufbewerbers als auch das gemeinsame Gebet für ihn, sowie Segnungen, Fürbitten, helfende Gottesdienste und Stufenriten im Rahmen der Vorbereitung auf die Taufe.
Verfehlt wäre es, tiefe Verletzungen zu vergeben, wenn dies rein menschlich und psychologisch gesehen gar nicht oder noch nicht möglich ist.
Was jedoch wachsen kann, ist die Hoffnung auf Heilung durch die Gnade Gottes und die Bereitschaft sich von Christus auf einen Weg zur Aussöhnung führen zu lassen.
Das christliche Menschenbild
Ob Umkehr stattgefunden hat, lässt sich besonders an der Art und Weise erkennen, inwieweit die Familienstrukturen und der Umgang miteinander das christliche Menschenbild sichtbar machen. Wenn die Botschaft des Evangeliums angenommen und verinnerlicht worden ist, verwirklicht sich dies in einer Verhaltensänderung, die die Menschenwürde jedes Angehörigen respektiert. Niemand könnte deshalb getauft werden, der in der eigenen Ehe patriarchale Strukturen und eine Missachtung von Frau und Kindern aufrecht erhält. Das gilt auch für Männer, die ihre Frau daran hindern, den Gottesdienst zu besuchen. Das wäre – im Gegenteil – ein Hinweis, dass hier eben keine Umkehr stattgefunden hat und womöglich eine Scheinkonversion vorliegt.
Im Zusammenhang mit Ehe und eheähnlichen Beziehungen bedeutet Umkehr auch, zu prüfen, ob eine derzeitige Beziehung nicht einer Taufe entgegensteht oder ob eine geplante Eheschließung nicht um des Glaubens willen ausgesetzt werden muss.
Auch berufliches Verhalten sollte überdacht werden auf eine Entsprechung zu den Geboten und der Botschaft des Evangeliums. Wenn etwa Barmherzigkeit gegenüber weniger beruflich erfolgreichen Menschen fehlt, wenn Armut als selbstverschuldet abgetan wird, wenn Nächstenliebe vielleicht überhaupt abgelehnt wird, wurde das Wesen des Christseins nicht verstanden und es scheint der Wille zu fehlen, diese Grundhaltungen anzunehmen.
Taufbewerber entwickeln in der Regel ein sehr feines Empfinden für ein christliches richtiges Verhalten in ihrem alltäglichen Umfeld. Das bedeutet nicht, dass dies schon vollständig und ohne Rückschläge umgesetzt wird. Aber hier geht es weniger um Perfektionismus sondern vielmehr um Bewusstseinsänderung und ein Lernen des täglichen Neuanfangs.
Es geht nicht um eine Vermittlung äußerer Formen und Traditionen, sondern um den Geist Jesu Christi und seine Verwirklichung in der konkreten persönlichen Lebenspraxis. Das bedeutet zunächst eine Veränderung der eigenen Weltsicht entsprechend dem biblischen Menschenbild und der gemeinsamen Verantwortung für die Schöpfung – nicht jedoch, dass Taufbewerber jetzt zu besonderen caritativen Anstrengungen zu motivieren sind.
Begleitung
Hilfreich ist jedenfalls immer sowohl das Vorbild einer Gemeinde als auch das Kennenlernen von Christen, die den Auftrag Jesu in beispielhafter Weise verwirklicht haben.
Wesentlich ist eine geduldige Begleitung eines des Einübens in das Wahrnehmen jener Hinweise, die Gott gibt, um zu einer persönlichen Umkehr zu führen; dazu gehört u.a. das Erlernen geeigneter Gebetsformen, das Vertraut-werden mit der Heiligen Schrift und eine Hinführung zur Gewissenserforschung.
Manchmal Fällen kann ein „Umkehrgespräch“ mit einem Priester notwendig sein, besonders dann, wenn der Wunsch nach einer „Lebensbeichte“ entsteht. Dieses Bedürfnis entsteht immer wieder im Zusammenhang mit den Feiern der Skrutinien: und es ist wichtig, einen solchen Wunsch ernst zu nehmen. Gerade weil die Taufe Neubeginn und Vergebung schlechthin ist, sind ein Offenlegen von Schuld und Versagen, Reue und Hilfestellung zur nachhaltigen Lebensänderung heilsam und für das weitere Leben als Christ von grundlegender Bedeutung.
Walter Krieger: Das Gehen eines Weges - von der Dynamik des Glaubens
Es gibt für jeden Menschen einen persönlichen, einmaligen Weg im Glauben. Zeitpunkt, Umstände, Begegnungen führen jeden ganz individuell zu einem ersten, bewusst ausgesprochenen „Ich glaube“.
Wie diese Worte gesprochen werden, kann unterschiedlich sein: voll Überzeugung oder noch ein wenig unsicher; fasziniert und begeistert oder voll Ehrfurcht, weil man von einem Geheimnis berührt ist; dankbar über ein großes Geschenk oder ganz einfach offen für alles, was auf diesem Weg begegnen wird.
Was zu dem „Ich glaube“ führt, kann sehr unterschiedlich sein:
ein Übernehmen einer guten Tradition in einem christlich geprägten Umfeld,
eine Begegnung mit überzeugenden Christen,
das Erleben einer engagierten und liebevollen Gemeinschaft von Gläubigen,
eine überraschende Erfahrung Gottes,
ein Wort aus der Heiligen Schrift, das plötzlich tragende Bedeutung für das Leben bekommt, auch ein Kunsterlebnis kann ein Fragen und Staunen bewirken, das zum Glauben führt usw.
Jesus Christus
Hinter allen Zugängen zum Glauben steht Jesus Christus: Er ist der Einladende, obwohl er womöglich erst später in den Vordergrund tritt …. so wie man eben manche Räume eines Hauses durchschreiten mag, bevor man dem Gastgeber selbst begegnet.
Zentral bezieht sich das „Ich glaube“ auf Jesus Christus. Der Weg des Glaubens ist ein Weg mit ihm. Man ist grundsätzlich in derselben Situation wie seine Jünger, die erleben, was er tut, die hören, was er spricht, die von ihm angenommen sind, die von ihm lernen, die manchmal nicht alles versrehen und irritiert sind, die aber vor allem ihm ähnlich werden wollen und schließlich in seinem Namen das weiterführen, wozu er sie berufen hat. Es ist ein Mitgehen mit ihm.
Aber: ein Schritt nach dem anderen. Zunächst geht es darum, Jesus kennenzulernen. Und sobald man etwas von seiner Art verstanden hat, dies auch umzusetzen: d.h. nach seinem Vorbild zu leben und zu lieben. Das beginnt mit kleinen Gesten im Alltag, mit etwas freundlicheren Worten als früher, mit etwas mehr Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft. Auf diese Weise wächst der Glaube.
Regelmäßig ist der Kontakt mit Jesus zu pflegen und zu vertiefen, weil dies gut tut, inspiriert und Orientierung schenkt. Vertrauen und Freundschaft sollen wachsen. Wichtig ist das Hören (und Lesen) seines Wortes, das Gebet, der Gottesdienst, die ermutigende Begegnung mit Christen. Manchmal wird dabei mehr der Verstand, ein anderes Mal ein Gefühl oder der Wille gestärkt, um den Weg des Glaubens als gut zu erfahren.
Verstand – Gefühl – Wille
Das bewusste „Ich glaube“ markiert eine Entscheidung für einen Weg des Glaubens, in die Verstand, Gefühl und Wille eingebunden sind. Denn der Mensch braucht Gründe und Einsichten, die für ihn plausibel sind. Wichtig ist, dass damit „ein gutes Gefühl“ verbunden ist. Aber es gehört auch ein Wille zum Glauben dazu, der den Weg beibehalten lässt, auch wenn es so manche Abzweigungen gäbe.
Im Lauf der Zeit werden diese drei Dimensionen nicht immer gleichermaßen erlebt.
Dann hilft auch der Verstand allein – oder das Erleben von Glaubens-Gefühlen, – vor allem aber der Wille, um auf dem Weg zu bleiben. Solche Einseitigkeiten sollten jedoch nicht zu lange andauern. Der Glaube kommt nämlich dann in Gefahr, selbst einseitig zu werden. Und das könnte auch merkwürdig werden, wenn eine Dimension überbetont, eine andere dafür vernachlässigt wird.
Deshalb geht es um eine ganzheitliche Entwicklung im Glauben, die den ganzen Menschen in der Mitte seiner Persönlichkeit betrifft, d.h. sein „Herz“. Denn der Glaube sucht die Übereinstimmung des Herzens mit der Botschaft des Evangeliums. Das ist der innere Weg auf der Spur Jesu Christ.
Veränderungen – Krisen – Beharrlichkeit
So wichtig und erfreulich jede Bestärkung (Höhepunkt-Quelle) für den Glauben ist, wird es auch Wegstrecken geben, die weniger schön sind (Krise-Wüste). Dazwischen ist die meiste Zeit „Alltag“.
Viele geistliche Lehrer der Kirche sprechen von Wüstenerfahrungen, d.h. von geistlicher Trockenheit, Leere, Langeweile, Zweifel, Unsicherheit, Krisen. Vieles scheint gegen den Glauben zu sprechen. Er wird in Frage gestellt und sogar abgelehnt: zumindest in der Form, in der er bisher vertraut war. Sinn geht verloren. Gefühle werden zwiespältig. Zuletzt trägt nur Beharrlichkeit.
Wie kann es zu Glaubenskrisen kommen? Hochgefühle, Begeisterung, kraftvolle Entschlossenheit sind nicht von Dauer. Das betrifft auch das geistliche Leben, d.h. einen Weg des Glaubens. Wenn man auf die Erfahrung von Höhepunkten fokussiert ist, kann man deren Ausbleiben als erste Ahnung von „Wüste“ erleben: wenn es keine Höhepunkte gibt; wenn man aus keiner Quelle schöpft bzw. schöpfen kann; wenn alles bloß Alltag ist, „grauer“ Alltag, mühsamer Alltag.
Oder man findet sich eingezwängt in belastende Lebensumstände, die sich durch den Glauben nicht verändern, obwohl man dies gehofft hätte. Und der Glaube gibt auch keine Inspiration (mehr), die bei der Bewältigung helfen würde.
Vielleicht hat sich die Lebenssituation verändert, aber an Gewohnheiten des Glaubens wurde festgehalten: und diese passen nicht mehr: eine neue Beziehung, ein veränderter Freundeskreis, eine neue Verantwortung, ein anderer Wohnort, einfach das Älter-werden... All dies sind Veränderungen, die Rückwirkung auf das Glaubensleben haben. Wenn dann etwa das Gebet nicht „anders“ wird, trägt es nicht mehr. Es braucht Zeit und verlangt Mühe, in veränderten Situationen neu beten zu lernen.
Vielleicht gibt man Enttäuschungen mit Christen. So sehr Jesus die Apostel beruft, einander zu lieben; so sehr Paulus immer wieder mahnt, in der Liebe zu bleiben: Streit, Verleumdung, Lieblosigkeiten (und Verbrechen) scheint es auch in den ersten christlichen Gemeinden gegeben zu haben – wie heute. Es ist menschlich, davon enttäuscht zu sein und sich abwenden zu wollen. „Christlich“ wäre es, noch einmal genauer zu schauen, d.h. mit dem Blick Jesu darauf einzugehen und jene Konsequenzen zu ziehen, die der Würde der Jünger Jesu entsprechen: nach Jesu Vorbild.
Eine Krise kommt, wenn ein gewohntes, lieb gewordenes Engagement, das in Bezug zum Glauben steht, nicht mehr freut oder nicht mehr möglich ist. Es hat sich etwas unangenehm verändert: Die eigene Lebenssituation; die anderen, mit denen man zusammenarbeitet; die Umstände, die Notwendigkeiten, die Gewichtungen, die Prioritäten, was eben wichtig ist; der Stil, die Sprache, die Formen, die Aufmerksamkeiten. Man findet wenig Zeit. Es sind plötzlich Probleme da. Man erhält kein Echo, keine Anerkennung mehr oder sogar Unverständnis, Ablehnung. Es wird nur mehr mühsam. Man versteht sich nicht mehr mit den Mitwirkenden. Man wird verdrängt, ignoriert, ausgeschlossen
(wenngleich „nicht direkt“), man verliert seinen gewohnten Platz. Enttäuschung, Verständnislosigkeit, Verärgerung, Zorn scheinen dann logisch, und zwar, weil dieses (sachliche) Engagement doch sehr (persönlich) mit der eigenen Person verbunden war.
Vielleicht ändert sich, was man vom Glauben erwartet: Antworten, wenn die bisherigen nicht genügen; wenn es neue oder veränderte Fragen gibt; wenn man Antworten nicht mehr dort findet, wo sie bisher zu finden waren. Ästhetik: der Geschmack hat sich geändert, was man sieht und hört, ist nicht (mehr) schön oder einfach unpassend.
Spiritualität: Man spürt nichts mehr in den gewohnten Formen. Und Neues zeigt sich nicht.
Es gibt Zeiten, in denen man sich Gott fern fühlt. Er scheint weit weg, nicht zuzuhören, denn er antwortet nicht. Er scheint mit anderem beschäftigt, aber nicht mit dem, wo man ihn brauchen würde. Sein Bild verblasst. Man erkennt es nicht mehr. Man schleppt sich geistlich von einem Tag zum andern mit Zweifeln, Klagen und Anklagen, Ärger, Zorn, Ohnmacht …. und irgendwann wird man gleichgültig. Man sucht Gott nicht mehr, man braucht ihn nicht, Ist ja alles egal…
Eine solche Erfahrung von Gottesferne trifft nicht jeden, manche schon, zumindest phasenweise. Die Worte Jesu in Gethsemane (entsprechend Psalm 22) beginnen im Gefühl der Gottverlassenheit. Aber weil er Gott grenzenlos vertraut, ist er bereit, sich auch in dieser Situation seinem Willen zu überlassen.
Es gibt viele Formen von Wüstenerfahrungen, kleine und größere, leicht zu durchschreitende oder schier unüberwindliche. Die geistlichen Lehrer der Kirche empfehlen „Beharrlichkeit“, d.h. ein Festhalten an Bewährtem, solange bis sich eine neue Klarheit eröffnet und zeigt, welches Neue ein Altes ablösen kann. Und es hilft, zu jenen Quellen zu gehen, die es gibt: Gespräche, Gebet, Heilige Schrift …
Entwicklung – Wachstum – Gnade
„Ich glaube – ich will zu Jesus Christus gehören – und immer näher bei ihm sein.“
Wachstum im Glauben hat viele Dimensionen. Vor allem geht es um die Entfaltung von Liebesfähigkeit. Das geschieht fast harmonisch, wenn es von erfreulichen Gefühlen begleitet ist, wenn man Dankbarkeit für eine gute Tat erfährt, wenn man Angenommen-sein und Anerkennung erlebt. Wo das nicht erfahrbar wird, bleibt die Entscheidung tragend, lieben zu wollen; also auch wenn man statt Dankbarkeit Spott erntet. Das Durchhalten in solchen Situation „zählt viel“, weil es ein Zeichen gefestigten Glaubens ist. Was umgekehrt heißt, dass man dies von einem „Anfänger im Glauben“ nicht erwarten könnte.
Wachstum im Glauben bezieht sich auf das Kennenlernen Jesu, seiner Art und diese entsprechend den persönlichen Möglichkeiten nachzuahmen.
Wachstum im Glauben wird gestärkt durch die Heilige Schrift, etwa im Ahnen der Vielfalt Gottes. So viele „Gottesbilder“ werden berichtet, die situationsgemäß unterschiedliche Züge betonen. So kann man Gott Vieles zutrauen und erahnen, dass er all dies bei weitem noch übersteigt.
Wachstum im Glauben zeigt sich in einer Treue, in der man Beziehung pflegt: im persönlichen Gebet, in gemeinsamen Gottesdiensten, in der Zugehörigkeit zu einer – nicht immer unbedingt derselben – christlichen Gemeinschaft.
Wachstum im Glauben hat eine Entwicklung.
Am Anfang steht das Kennenlernen all dessen, was „wesentlich“ ist;
danach mag man viele nette Erscheinungen des Glaubens erleben, die auch dazugehören (ohne sich in „Nebensächlichkeiten“ zu verlieren).
Die nächsten Schritte bedeuten: gemäß dem Glauben zu leben - und zwar immer bewusster und entschiedener: durch das persönliche Lebenszeugnis, durch Verhalten, Denkweisen, Einstellungen, gute Taten usw. Das fällt auf. Das bemerken Mitmenschen, auch wenn sie mglw. nie darüber sprechen.
Dann kommt der Zeitpunkt, über den Glauben sprechen zu können und zu wollen.
Das Lebenszeugnis wird ergänzt durch das Bezeugen, wofür man im Glauben steht.
Man „gibt Glauben weiter“, d.h. dass man bei passenden Gelegenheiten darüber spricht, was er für mich bedeutet, welche Orientierungen und Ermutigungen man daraus schöpft, wie man ihn als Heil erfährt.
Parallel dazu gibt es Schritte in Bezug auf die Gemeinschaft:
Aufgenommen-werden, dazugehören, mitwirken, Verantwortung übernehmen; in der Überzeugung, dass der Weg des Glaubens zum Heil führt, wünscht man vielen Menschen solche heilsame Erfahrungen.
Dann kann man einladen, diesen Weg mitzugehen, zumindest einen (ersten) Schritt zu versuchen.
Man kann bereit sein, andere im Glauben weiter zu begleiten, vor allem aber zu Christus hinzuführen: Denn Jesus Christus ist der Einladende, der Berufende.
Wer auf dem Weg des Glaubens geht, wird zu seinem Mitarbeiter, zu seinem Jünger, zu seinem Schüler.
Glaube ist keine Leistung, sondern eine Gnade, ein Geschenk Gottes, das anvertraut wurde. Natürlich braucht es ein Bemühen. Es gibt auch Anstrengungen auf diesem Weg. Trotzdem erlebt man ihn wesentlich als Geschenk:
weil dieser Weg einer persönlichen Berufung zum Christsein entspricht;
weil der Wille Gottes als befreiend, Sinn-eröffnend erlebt wird;
weil man dem guten Plan Gottes für das eigene Leben folgt;
weil es schön ist, Begabungen und Fähigkeiten zu entfalten;
weil man sich am Evangelium freuen kann;
weil man beginnt zu verstehen, wie das Reich Gottes aussieht;
weil es sich lohnt, an dessen Aufbau mitzuarbeiten.;
weil eine Gestaltung der eigenen Lebenswelt nach dem Maßstab von Liebe, Mitmenschlichkeit, Versöhnung, Herzlichkeit Heil erfahren lässt;
weil alle Menschen als Brüder und Schwestern, als Kinder des einen Vaters angenommen sind.
Weil das Ziel die Gemeinschaft mit Gott ist.
Weil Gott mitgeht, ist dieser Weg schon selbst Ziel.
Weil Gott sich mit Mitmenschen (Weggefährten) solidarisiert, ist dieser Weg schon selbst Ziel.
Weil Liebe, Mitmenschlichkeit, Gebet mit Gott jederzeit verbinden, trägt der Weg sein Ziel in sich.
Mitgehen mit Jesus vollzieht sich in der Weggemeinschaft der Kirche, Volk Gottes in dieser Zeit:
die Freude und Hoffnung, Sorgen und Ängste teilt;
die Entlastung, Unterstützung, Rückhalt und Orientierung gibt
Diese Gemeinschaft ist fundamental
für Inspiration, Begleitung und Wachstum im Glauben;
für Entdecken, Verstehen und Leben des Evangeliums;
für die Begegnung mit Gott, mit Jesus Christus im Heiligen Geist.
Walter Krieger: Wie finden Katechumenen Beziehungen zur Glaubensgemeinschaft?
Erste Begegnungen
Eine Entscheidung für die Taufe fällt immer individuell. Es gibt keinen Zwang, es ergibt keine gesellschaftlichen Vorteile, wenn jemand heute in Österreich Mitglied der katholischen Kirche wird.
(Dass jemand wegen einer kirchlichen Trauung oder wegen der Übernahme eines Patenamtes getauft werden will, geschieht eher selten; zumal sich diese Motivation während der Dauer eines Katechumenats entwickeln und religiös vertiefen kann.)
Der Wunsch zur Taufe als Erwachsener erfolgt aus freiem Entschluss.
Aber natürlich sind alle Katechumenen davon überzeugt, dass ihnen die Taufe „etwas bringt“. Und zwar (zumeist!) genau das, was die Taufe bedeutet: Beziehung zu Jesus Christus, Vergebung und Überwindung von Sünden, Gemeinschaft mit den Gläubigen, Mitgliedschaft in der Kirche, Anteil an deren Berufung, Sendung und Auftrag.
Katechumenen lernen die Kirche vor allem durch Menschen kennen: oft ist der Partner oder ein vertrauenswürdiger Kollege Christ und praktiziert dies; manchmal begegnen sie besonders hilfsbereiten Menschen, die ihre Mitmenschlichkeit aus dem Glauben heraus leben; manche finden eine Gruppe, die sich in kirchlichen Räumen trifft.
Faszinierend wird für sie, wie diese Christen leben, miteinander umgehen, für welche Werte sie einstehen, ein Engagement ohne persönliche Vorteile daraus zu ziehen.
Und Katechumenen wollen dazugehören, um diesen Lebensstil zu teilen und auf ihre eigene Art zu verwirklichen.
Es gibt auch immer wieder Katechumenen, die „seit immer“ mit Christen zu tun haben. Bei ihnen ist zumeist ein Ereignis oder eine plötzliche Neugier Auslöser dafür, sich näher zu interessieren – und gezielt Kontakt zu suchen.
Manche Katechumenen waren schon lange auf einer Suche nach Gott. Sie haben verschiedene spirituelle Erfahrungen gemacht. Was sie zunächst in der Kirche finden, ist kein perfekter Kurs zu Meditation und Gebet, sondern vor allem eine besondere Atmosphäre, eine ansprechende Ästhetik (Musik, Kunst), die direkt auf den Gott Jesu Christi hinweist.
Auf dem Weg des Katechumenats
Hier begegnen Priester, Katchumenatsbegleiter/innen, Gemeindemitglieder, evtl. Gruppen. Zwischenmenschliche Kontakte sind möglich, Beziehungen können aufgebaut werden.
Es gibt Einladungen zu Treffen, zu liturgischen Feiern, zum Mitwirken an Projekten, zum Mitleben während des Kirchenjahres.
Ein Kennenlernen in einer Atmosphäre der Offenheit und des Willkommens ist ein gutes Fundament, um darauf tragfähige Beziehungen aufzubauen, die im gemeinsamen Glauben verwurzelt sind. Man nimmt aber nicht teil, „weil alle so nett sind“ (obwohl das hilfreich ist), sondern weil man denselben Glauben teilt und diesen vertiefen will.
Kirche wird näher über die Menschen kennengelernt, die hier begegnen, vor allem „offiziell“: also Priester und Katechumenatsbegleiter/innen sowie Personen, die deutlich wahrnehmbar kirchliche Ämter und Dienste ausüben (Diakone, Pastoralassistent/innen).
Was Katechumenen an diesen Personen schätzen, ist ihre Bereitschaft zum Gespräch, ihre Fähigkeit zuzuhören, ihre spürbare persönliche Verankerung im Glauben (Zeugnis), ihre Verbindung von Glaubensüberzeugungen und Lebensweise, ihr Zeit-schenken, ihre Offenheit und Herzlichkeit, ihre Anteilnahme.
Schritt für Schritt können Katechumenen eingeladen werden. sich am kirchlichen Leben vor Ort zu beteiligen und daran mitzuwirken. Das braucht immer Personen, die nicht nur für ein konkretes Projekt, sondern in gewisser Weise auch für diese „Neuen“ da sind.
Das christliche Leben kann sich dabei gleichsam als learning by doing entfalten. Wertvoll sind vor allem Erfahrungen bei caritativen Tätigkeiten – die immer nachzubesprechen sind.
Katechumenen erfahren viel Aufmerksamkeit, die im Dienst der Aufmerksamkeit Gottes steht. Trotzdem ist darauf zu achten, nicht allzu hohe Erwartungen in Bezug auf persönliche Freundschaften oder eine umfassende Hilfsbereitschaft zu wecken, die nicht erfüllt werden können. Denn oft ist diese große Aufmerksamkeit mit der Taufe vorüber. Und dann brechen idealisiert aufgebaute Erwartungen zusammen.
Für die Begleiter/innen bedeutet dies, vor allem in der mystagogischen Phase (aber auch schon früher beginnend), weiterhin aufmerksam zu bleiben, dies jedoch immer stärker in die Eigenverantwortung der Neugetauften und in die Verantwortung der Gemeinschaft überzuführen.
Kirche: eine größere Gemeinschaft
Im Katechumenat gibt es Gelegenheit, Kirche über eine konkrete Gruppe/Gemeinde zu erfahren. Bei regionalen Treffen mit anderen Katechumenen erleben sie: ich bin nicht allein; es gibt mehrere, die (an anderen Orten) mit mir unterwegs sind. Eine Begegnung mit dem Bischof vermittelt ihnen Wertschätzung und zeigt, dass es eine noch größere Verbundenheit gibt. Bei solchen Treffen kann ansatzweise die Breite und Vielfalt der Kirche als Volk Gottes, als umfassende Communio kennengelernt werden.
Probleme in Bezug auf ein negatives Image der Kirche in manchen Kreisen, die Last einer auch schuldbeladenen Kirchengeschichte, negative Medienberichte und aktuelle oder alte Skandale haben Katechumenen im Allgemeinen nicht. Ihr Interesse gilt der Gegenwart und der Zukunft ihres Lebens und was dabei für sie wichtig ist. In ihrer Situation schätzen sie all das, was sie von Gläubigen, von der Kirche an Gutem erfahren.
Doch es wird einmal eine Konfrontation mit negativen Erlebnissen mit Christen oder mit Erzählungen über kirchliche Verfehlungen geben. Dann wird die Tragfähigkeit von positiven Erfahrungen und ein Wissen um größere Zusammenhänge der kirchlichen Wirklichkeiten herausgefordert. Katechumenats- bzw. Glaubensbegleiter/innen kennen solche Situationen aus dem eigenen Leben. Sie sollten bereits sein, zu erzählen, wie sie damit umgehen.
Thema Kirche
Während der Katechumenatstreffen kommt „die Kirche“ zur Sprache. Das ist einerseits eine Verdeutlichung dessen, was erfahren wird, andererseits sollen nochmals größere Zusammenhänge eröffnet werden.
Dabei geht es um die Kirche als jene Gemeinschaft, die das Werk Christi – unter Führung des Heiligen Geistes – durch die Geschichte hindurch weiterführt. Sie bewahrt und aktualisiert das Gedächtnis Jesu, um in seinem Sinn zu leben und zu wirken. Auftrag und Sendung der Kirche ist es, Zeichen und Werkzeug für die Einheit der Menschen zu sein, die alle Söhne und Töchter Gottes, des Vaters sind.
Sie versteht sich als Communio, als Volk Gottes, als Leib Christi, als Tempel des Heiligen Geistes. In der Kirche gibt es eine Vielfalt von Gemeinschaften. Sie wird auf Erden vom Papst und von Bischöfen geleitet. Zu ihr gehören Menschen weltweit, zu ihr gehören Lebende und Tote, die auferweckt werden (auf Heilige kann besonders hingewiesen werden).
Die Kirche steht für fundamentale Wert des Lebens. Sie verwirklicht diese, so gut es geht. Sie tritt dafür als Ganzes oder durch ihre einzelnen Mitglieder ein. Die Liturgie der Kirche – besonders am Sonntag sowie die Feier der Sakramente – sind Zeichen und Verwirklichungen für den Glauben, die weltweit Gemeinsamkeit stiften und garantieren. Die Kirche weiß „etwas“ vom Geheimnis Gottes. Im Gebet pflegt sie ihr Bleiben in ihm.
Auf diese Weise werden in Bezug auf die Kirche Perspektiven eröffnet, die Glaube, Hoffnung und Liebe bestärken, die um das wissen, „was schon ist“ und das vertrauend erhoffen, „was kommt“, auch wenn dies über irdische Realitäten hinausführt.
Friederike Dostal: Zur Integration von Katechumenen und Neugetauften in die Kirche
Ob der christliche Glaube von getauften Erwachsenen sich vertiefen und zur prägenden Grundlage des persönlichen Lebens werden kann, hängt weitgehend davon ab, ob ihre Integration in die Ortskirche und eine konkrete Gemeinde gelingt. Mehrere Schritte sind dafür hilfreich:
In Österreich werden Taufbewerber in der Regel einzeln oder in kleinen Gruppen in einer Gemeinde vorbereitet. Das hilft für eine Integration in Kirche und Gemeinde. Wo das nicht möglich ist, sollten möglichst die vorbereitenden Riten in der Gemeinde gefeiert werden, in der auch die Taufe (sowie Firmung und Eucharistie) gespendet werden.
Die Stufenriten im Katechumenat sind für den Gemeindegottesdienst vorgesehen. Auch wenn es aus wichtigen pastoralen Gründen manchmal günstiger sein kann, weniger öffentliche Gelegenheiten für die vorbereitenden Feiern zu wählen, sollte auf eine Teilnahme zumindest einiger Mitfeiernder aus der Gemeinde vor Ort geachtet werden.
Die Taufbewerber werden so der Gemeinde bekannt und das ermöglicht den Gemeindemitgliedern, mit den Katechumenen in Kontakt zu treten. Eine Integration wird gefördert, wenn sich die Taufbewerber von der konkreten Gemeinde aufgenommen fühlen, z.B. weil in diesen Gottesdiensten in den Fürbitten auch für sie gebetet wird oder wenn sie bewusst in den Friedensgruß einbezogen werden. So fühlen sie sich nicht mehr fremd, sondern angenommen.
Dieses Angenommen-Sein kann sich im günstigen Fall bei einem Pfarrcafé, bei Pfarrfesten oder anderen Ereignissen des kirchlichen Lebens vor Ort vertiefen, wobei es jedenfalls wichtig ist, dass die Taufbewerber begleitet und eingeführt werden – und zwar vorzugsweise durch jene Person, die sie im Katechumenat begleitet.
Taufbewerber sind erfahrungsgemäß gern bereit, nach ihren Möglichkeiten mitzuhelfen. Sie erbringen gern einen Beitrag für das Gemeindeleben. Dazu müssen sie jedoch eingeladen und in passender Weise angeleitet werden. Wichtig ist es, dabei darauf zu achten, dass sich die Taufbewerber nicht gezwungen oder gedrängt fühlen, dafür etwa größere finanzielle Aufwendungen leisten. Wichtig ist ihr Mitleben – und kein finanzieller Beitrag!
Wenn Taufbewerber Unterstützung brauchen, ist die Hilfsbereitschaft von Christen auch im Blick auf eine Integration wertvoll. Beispiele dafür sind: Möglichkeiten zum Spracherwerb, Wohnungssuche, Behördengänge u.a.m.
Für die Integration in die Gemeinde kann eine Gruppe hilfreich sein, die den Taufbewerber aufnimmt. Das kann ein Kirchenchor ebenso sein wie eine Jugendgruppe, eine Bibelrunde, etc.; bei einer Frau, die ein Kind erwartet, kann das zum Beispiel eine junge Mütterrunde sein etc.
Wesentlich ist, dass die Gruppe von Alter, Aktivitäten, sozialer Zusammensetzung und der Zielsetzung des Zusammenkommens dem Taufbewerber entspricht. Die Teilnahme an einer solchen Gruppe muss freiwillig sein und freiwillig bleiben. Es darf keinesfalls der Eindruck entstehen, dass dies eine Art Pflichtübung wäre, der man sich nicht entziehen kann; denn dann hätte die Gruppe höchstwahrscheinlich die Auswirkung, dass der Kontakt zu ihr und oft auch zur Gemeinde nach der Taufe abgebrochen wird.
Auch ein Gefühl von Überforderung sollte nicht entstehen. Besonders hilfreich ist es, Glaubensbegleiter während des Katechumenats sowie einen oder mehrere Paten (ein Ehepaar, eine Familie) in der Gemeinde zu finden, die sich um eine Begleitung des Taufbewerbers auf dem Weg hin zur Taufe bemühen.
Durch das Teilen ihrer religiösen Praxis sowie der konkreten Umsetzung ihres Christseins im Alltag erleben und lernen die Taufbewerber, was Christsein heißt und finden dadurch leichter Verständnis und Zugang zu dem, was Christen leben. Selbstverständlich braucht es einige Zeit, um den Taufbewerber ausreichend kennenzulernen und so entscheiden zu können, wer für eine Begleitung bzw. als Pate in Frage kommt.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch eine ausreichende Einführung von Paten, um ihre Aufgaben zu klären – insbesondere im Unterschied zur gängigen Vorstellung von Tauf- und Firmpaten von Kindern.
Im Hinblick auf den heute oft notwendigen Ortswechsel von Menschen ist festzuhalten, dass dies nicht mit einer misslungenen Integration von Neugetauften gleichzusetzen ist. Eine Integration in die Taufpfarre ist besonders dann fruchtbar, wenn Neugetaufte später in der Lage sind, sich in der Kirche zu beheimaten, wo auch immer sie wohnen. Das gelingt ihnen dann, wenn sie in einer Gemeinde erfahren haben, was „dazu gehört“ und „wie das gehen kann“.
Bei einer Integration geht es immer um die ganze Ortskirche. Dabei helfen gemeinsame, regionale Veranstaltungen für Katechumenen aus mehreren Gemeinden sowie die Feier der Erwählung (Zulassung) zur Taufe in der Bischofskirche. Dort erleben die Taufbewerber (wie auch die begleitenden Gemeindemitglieder), dass sie Teil einer Ortskirche sind, die sie in ihrer Mitte willkommen heißt. Diese Aufmerksamkeit ist als eine wesentliche Stärkung für den weiteren Weg als neue Christen als auch für ihr Zugehörigkeitsgefühl zur Kirche bedeutsam.
Eine Bemühung um Integration endet nicht mit der Taufe, sondern muss auch danach im Blick der Verantwortlichen und der ganzen Gemeinde bleiben. An eine entsprechende Begleitung der Neugetauften soll daher rechtzeitig gedacht und Wege dafür gefunden werden.