Einführung in das christliche Leben und lebenslange Katechese
1. Einführung in das christliche Leben
Die Zahl der Gläubigen, die nicht mehr an der sonntäglichen Eucharistie teilnehmen, die nicht mehr regelmäßig die Sakramente empfangen oder sich kaum in die kirchliche Gemeinschaft einbringen, ist hoch. Ohne die Bedeutung der Familie für die Einführung in das christliche Leben übersehen zu wollen, spüren wir, dass wir nach neuen Möglichkeiten des Kontakts zu diesen Menschen suchen und ihnen helfen müssen, dem sakramentalen Leben, der Beteiligung am Gemeindeleben und dem zivilgesellschaftlichen Engagement wieder einen Wert zuzuerkennen. Es gibt einen hohen Prozentsatz von Katholiken, die sich ihres Sendungsauftrages, Salz und Sauerteig in der Welt zu sein, nicht mehr bewusst sind und deren christliche Identität schwach und verletzlich ist.
Diese große Herausforderung stellt unsere Glaubenserziehung und die Gestaltung unseres christlichen Lebens grundsätzlich in Frage. Dieser Herausforderung müssen wir uns entschlossen, mutig und kreativ stellen, da bereits die Einführung in das christliche Leben vielerorts mangelhaft und unvollständig gewesen ist. Entweder bemühen wir uns um eine Glaubenserziehung, die wirklich mit Jesus Christus in Verbindung bringt und zu seiner Nachfolge einlädt, oder wir werden unserem Sendungsauftrag im Geist des Evangeliums nicht gerecht. Wir können der dringlichen Aufgabe nicht ausweichen, eine zeitgemäße praktikable Handreichung zur Einführung in den christlichen Glauben anzubieten, die nicht nur die Inhalte, sondern auch die Adressaten, die Methoden und die Orte der Vermittlung mit bedenkt. Nur so werden wir die Aufgabe der Neuevangelisierung erfüllen, zu der wir wiederholt aufgerufen worden sind.
Die christliche Initiation, die auch die Verkündigung (kerygma) einbezieht, soll auf praktische Weise mit Jesus Christus in Verbindung bringen und in die Jüngerschaft einführen. Sie bietet uns auch die Chance, die Zusammengehörigkeit der drei Initiationssakramente zu festigen und ihren Reichtum tiefer zu begreifen. Die christliche Initiation im engeren Sinne bezieht sich auf die erste Einführung in die Glaubensgeheimnisse, zum Beispiel in Form des Taufunterrichts für die Nichtgetauften oder der katechetischen Unterweisung nach der Taufe für diejenigen, die vorher keine ausreichende Unterweisung hatten. Ein solches Katechumenat ist eng verbunden mit den in der Osternacht feierlich begangenen Initiationssakramenten Taufe, Firmung und Eucharistie. Folglich müsste es sich von anderen Katechesen und Ausbildungsprozessen unterscheiden.
2. Vorschläge für die Einführung in das christliche Leben
Wir spüren die Dringlichkeit, in unseren Gemeinden einen Prozess der Initiation in das christliche Leben in Gang zu bringen. Er sollte mit der Verkündigung (dem kerygma) beginnen und - geleitet vom Wort Gottes - zu einer immer innigeren Begegnung mit Jesus Christus führen, der - ganz Gott und ganz Mensch - die Fülle des Menschseins erfahren lässt. Der Prozess sollte durch die Praxis der Sakramente, des Dienstes am Nächsten und der Mission zur Umkehr, zur Nachfolge in kirchlicher Gemeinschaft und zur Mündigkeit im Glauben führen. Wir erinnern daran, dass der Bildungsweg des Christen bereits in der ältesten Überlieferung der Kirche stets einen Erfahrungscharakter
hatte, bei dem die lebendige und überzeugende Begegnung mit Christus, der durch authentische Zeugen verkündigt wurde, bestimmend war". Bei dieser Erfahrung werden die Sakramente mit allem Reichtum ihrer Zeichen als tief bewegende und froh machende Feier erlebt. Nach und nach verwandelt die Feier der heiligen Mysterien das Leben des Gläubigen so, dass er die Welt verwandeln kann. Das nennt man "mystagogische Katechese".
Jünger sein ist ein Geschenk, in das man hineinwächst. Die christliche Initiation bietet die Chance, Jesus Christus schrittweise immer besser kennen zu lernen, immer mehr zu lieben und immer eindeutiger nachzufolgen. So baut sie allmählich die Identität des Christen durch Grundüberzeugungen auf und begleitet seine Suche nach dem Sinn des Lebens. Wir sollten akzeptieren, dass die christliche Initiation eine katechetische Dynamik besitzt. Eine Gemeinde, die sich die christliche Initiation zu Eigen macht, wird ihr Gemeinschaftsleben erneuern und ihren missionarischen Charakter beleben. Aber dazu sind auch neue pastorale Verhaltensweisen von Bischöfen, Priestern, Diakonen,
Ordensleuten und von Mitverantwortlichen in der Pastoral erforderlich.
Der Prozess der christlichen Initiation hat einen Jünger vor Augen, der sich durch folgende Merkmale auszeichnet: Für ihn ist der Mensch Jesus Christus, als unser Retter und Fülle unseres Menschseins, die Mitte seines Lebens, auf der alle menschlich-christliche Reife beruht. Er lebt im Geist des Gebetes, liebt das Wort Gottes, empfängt oft das Sakrament der Versöhnung und nimmt an der Eucharistie teil. Er gehört der kirchlichen und der gesellschaftlichen Gemeinschaft von Herzen an, ist aus Liebe solidarisch und ein begeisterter Missionar.
Die Pfarrgemeinde muss die christliche Initiation gewährleisten. Sie hat unbedingt folgende Aufgaben zu erfüllen: Sie soll die getauften Erwachsenen, die nicht ausreichend evangelisiert sind, in das christliche Leben einführen; sie soll die getauften Kinder im Glauben erziehen, so dass sie ihre christliche Initiation nach und nach vervollständigen; sie soll die Nichtgetauften, die das kerygma vernommen haben und den Glauben kennen lernen möchten, in der christlichen Lehre unterweisen. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben sind das Studium und die Anwendung des "Ordo Initiationis Christianae Adultorum" (der "Feier der Eingliederung Erwachsener in die Kirche nach dem Rituale Romanum") eine notwendige Referenz und eine sichere Stütze.
Wenn die Pfarrei sich diese christliche Initiation zu Eigen machen will, muss sie nicht nur ihr katechetisches Konzept erneuern. Wir schlagen vor, dass der katechetische Ausbildungsprozess, wie er von der Kirche für die christliche Initiation approbiert wurde, auf dem gesamten Kontinent als grundsätzlich verpflichtende Einführung in den christlichen Glauben und als Basiskatechese übernommen wird. Daran schließt sich die permanente Katechese an, die den Reifungsprozess im Glauben fortführt. Dazu sollen auch die Entscheidungsfindung für die je eigene Berufung und der Erkenntnisprozess für persönliche Lebensprojekte gehören.
3. Permanente Katechese
Betrachten wir die aktuelle Situation der Katechese, so wird klar, dass es einen großen Fortschritt gegeben hat. Man nimmt sich heute mehr Zeit für die Vorbereitung auf die Sakramente. Sowohl in den Familien als auch unter den Priestern besteht Einvernehmen, dass diese Vorbereitungszeit notwendig ist und dass dies für alle christlichen Bildungsstufen gilt. Seitens der Institution wurden Strukturen für die Katechese auf Diözesan- und Pfarreiebene gebildet. Eine wahrhaft große Anzahl von Personen fühlt sich berufen, mit großer Hingabe katechetisch tätig zu sein. Die Generalversammlung der Bischöfe bekundet ihnen allen hohe Anerkennung.
Trotz des guten Willens ist jedoch in der Regel die theologische und pädagogische Ausbildung der Katecheten nicht so, wie sie sein sollte. Die Materialien und Hilfsmittel sind sehr unterschiedlich und folgen selten einem Konzept von Gesamtpastoral; außerdem entsprechen sie nicht immer den aktuellen pädagogischen Methoden. Die katechetischen Mitarbeiter der Pfarrei arbeiten vielfach nicht genügend mit den Familien zusammen. Die Pfarrer und die übrigen Verantwortlichen sind nicht ausreichend bemüht, ihrer Aufgabe als Erstverantwortliche für die Katechese gerecht zu werden.
Die Herausforderungen der gesellschaftlichen Situation in Lateinamerika und der Karibik verlangen eine stärker gefestigte Identität der einzelnen Katholiken. Diese Identität kann durch eine Katechese bestärkt werden, die angemessen die Verbundenheit der Einzelnen und der Gemeinschaft mit Christus fördert, besonders bei denjenigen, die im Glauben noch nicht gefestigt sind. Diese Aufgabe stellt sich der gesamten Gemeinschaft der Jünger, ganz speziell jedoch uns Bischöfen, die wir berufen sind, der Kirche zu dienen, sie zu behüten, zur Begegnung mit Christus zu führen und sie zu lehren, alles zu befolgen, was er uns geboten hat (vgl. Mt. 28,19-20).
Die Katechese darf sich nicht mit der Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente oder mit der Einführung in das christliche Leben begnügen, sondern soll ein "von ständiger Katechese begleiteter Weg sein". Jede Ortskirche muss daher - mit der Unterstützung der jeweiligen Bischofskonferenz - ein kontinuierliches katechetisches Gesamtprogramm aufstellen, das den gesamten Lebensbogen von der Kindheit bis zum Alter umfasst. Dabei soll beachtet werden, dass das "Allgemeine Direktorium für die Katechese" (Kleruskongregation Rom 1997) die Erwachsenenkatechese als die grundlegende Form der Erziehung im Glauben ansieht. Damit das Volk Christus wirklich
intensiv kennen lernen und ihm in aller Treue nachfolgen kann, soll es speziell zum Lesen und zur Betrachtung des Wortes Gottes, als wichtigstem Fundament einer permanenten Katechese, angeleitet werden.
Die Katechese darf sich nicht darauf beschränken, nur die kirchliche Lehre darzustellen, sondern muss eine wahre Schule umfassender Bildung sein. Daher ist die Freundschaft mit Christus zu pflegen durch das Gebet, durch die Wertschätzung der Liturgie, des Gemeindelebens und des apostolischen Engagements im ständigen Dienst an den anderen. Eine gute Hilfestellung dazu leisten einige katechetische Hilfsmittel, die auf der Grundlage des Katechismus der Katholischen Kirche und des Kompendiums der Soziallehre der Kirche erarbeitet wurden und als Kurse bzw. Unterrichtseinheiten von ständigen Weiterbildungskursen für die Katecheten zur Verfügung stehen.
Die Katechese muss so gestaltet sein, dass sie den Glauben, der in der Volksreligiosität bereits vorhanden ist, einbezieht. Konkret könnte es zum Beispiel so sein, dass ein Prozess der christlichen Initiation bei Familienbesuchen angeboten wird, bei denen man nicht nur etwas über die Glaubensinhalte sagt, sondern ganz praktisch mit den Familien betet oder sie zur geistlichen Lesung des Wortes Gottes und zu den evangelischen Tugenden hinleitet, so dass die Familien immer mehr als Hauskirchen gefestigt werden. Für diese Stärkung im Glauben ist es gut, das Bildungspotential, das die marianische Volksfrömmigkeit in sich birgt, pädagogisch zu nutzen. Eine solche Bildungspraxis verhilft dazu, sich die Haltung Mariens anzueignen, indem sie die persönliche Liebe zur Mutter Gottes als der wahren "Lehrmeisterin des Evangeliums" pflegt und uns dahin bringt, Jesus Christus immer ähnlicher zu werden