Die Weitergabe des Glaubens in der Familie
1. Die Weitergabe des Glaubens im modernen kulturellen Kontext
Die Katechese ist ein zentraler Punkt in der Weitergabe des Glaubens. Die religiöse und christliche Erziehung ist immer ein schwieriges Werk gewesen, das viel Geduld erforderte. Das trifft sicher auch im aktuellen pluralistischen und säkularisierten Kontext des heutigen Europa zu. Es geht darum, die Weitergabe des Glaubens für die nachfolgenden Generationen zu sichern. Es sollen sich Menschen entwickeln können, die in ihrem Glauben stark motiviert sind, die mit Demut und Freude fähig sind, sich am eigenen Glauben zu erfreuen, die den Versuchungen einer entchristlichten Kultur widerstehen und die fähig sind, dieses Europa aus seinen christlichen Wurzeln heraus aufzubauen.
Was bedeutet „Weitergabe des Glaubens"? Diese Bezeichnung beinhaltet alle christlichen Erfahrungsprozesse (Erstevangelisierung, Katechese, Liturgie, religiöse Formung, Religionsunterricht). In erster Beziehung sind die Eltern in Verbindung mit den Priestern innerhalb der christlichen Gemeinschaft für diese Glaubensweitergabe verantwortlich. Der Ausdruck „Weitergabe des Glaubens" ist ein zentraler Begriff im Bereich der Katechese und er bedeutet eigentlich dasselbe wie Evangelisierung.
2. Die Weitergabe des Glaubens in der Familie
Bis vor kurzem war die Katechese in ein relativ stabiles kulturelles Umfeld eingebettet.
a) In gewisser Weise wurde die Gesellschaft als „christlich" angesehen.
b) Man konnte eine intensive Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Erziehungs-/Sozialisationsinstanzen voraussetzen: Familie, Umwelt, Schule, christliche Gemeinschaft (Pfarre).
c) Das christliche Leben wurde in einer kirchlichen Gemeinschaft gelebt, wobei der regelmäßige Empfang der Sakramente besonders wichtig war.
Diese Situation hat sich geändert. Gesellschaft bzw. Kultur und Glaube klaffen auseinander. Die Katechese kann nicht mehr darauf aufbauen, dass die Kultur irgendwie christlich sozialisiert ist. Auch die Schule und das kulturelle Umfeld sind säkularisiert und pluralisiert. Die Schule von heute neigt zusätzlich eher dazu, die bereits schwache Evangelisierung weiter zu relativieren. Schließlich ist auch die Familie vielfältigsten pluralistischen Einflüssen ausgesetzt. Viele sind dabei ganz einfach nicht mehr imstande, einen Ort christlicher Erfahrung darzustellen. Eltern gehen nicht zu Sakramenten und beten nicht gemeinsam mit den Kindern. Sogar wenn sie Beziehung zum christlichen Glauben haben, sind sie oft unsicher und sprechen nicht darüber. Ein Kontakt mit der Pfarre oder einer anderen Glaubensgemeinschaft findet selten statt. In dieser Situation ist es nun Aufgabe der Kirche, einen neuen missionarischen Geist zu entwickeln.
3. Die Familie bleibt fundamentaler und unersetzbarer Ort der Glaubensweitergabe
„Die Zukunft der Evangelisierung hängt von einem großen Teil von der Hauskirche ab" (Johannes Paul II.). Es kommt darauf an, dass die Familie in Europa (und überall) daraus lebt, das Wort Gottes zu empfangen und weiterzugeben. Auf diese Weise wird sie eine Gemeinschaft, eine immer gläubigere und evangelisierendere Gemeinschaft (vgl. Familiaris consortio 51). Die Eltern sind die ersten Verkünder des Glaubens (vgl. LG 11) und die Familie stellt gleichsam wie eine Hauskirche einen Ort dar, von dem aus das verkündete Evangelium ausstrahlen kann (vgl. Evangelii nuntiandi 71). Die Familienkatechese geht jeder anderen Form von Katechese voraus und begleitet und bereichert sie (vgl. Catechese tradendae 68). Sie verkündet das Evangelium in einem Kontext fundamentaler menschlicher Werte; sie ist zugleich eine Katechese des Zeugnisse und des erklärenden Wortes. Sie findet mehr gelegentlich als systematisch, fortlaufend und strukturiert statt (vgl. Allgemeines Katechetisches Direktorium 255).
Viele Untersuchungen zur Weitergabe des Glaubens zeigen, dass die meisten Jugendlichen und Erwachsenen sich deshalb für den christlichen Glauben entschieden haben, weil sie ihn in der Familie empfangen haben. Von diesem Gesichtspunkt her ist nur angemessen, dass die christliche Gemeinschaft viel Energie dafür einsetzt, den Eltern bei der Aufgabe der Weitergabe des Glaubens zu helfen, damit die ersten christlichen Erfahrungen in der Familie sich auf eine angemessene und für das Kind positive Art realisieren. Eine wichtige Rolle, um den Familien dabei zu helfen und um selbst Glaubenserfahrungen zu ermöglichen, spielt die Pfarre.
4. Die Vernunftgründe des Glaubens
Gerade in der heutigen modernen Gesellschaft ist es für die Erwachsenen immer wichtiger, sich der Gründe ihres Glaubens zu vergewissern, sie zu kennen und begründen zu können. Hier liegt die große Aufgabe der Erwachsenenkatechese. Im Besonderen geht es um die Glaubwürdigkeit der christlichen Offenbarung mit all ihren Konsequenzen für die Gesellschaft und das persönliche Leben.
5. Die Eltern, die Jugendlichen, die Erwachsenen sind nicht einfach Ziel katechetischer Bemühungen, sondern ihnen muss geholfen werden, dass sie selbst aktives Subjekt werden und damit Verantwortung für ihren eigenen erwachsenen Glauben übernehmen. Dabei ist eine organische Gesamtsicht des Glaubens von großer Bedeutung. Wichtig ist auch, dass diese Vision des Glaubens geerdet ist und mit dem Leben in Verbindung steht – mit dem Leben der christlichen Gemeinschaft. Alle, die an der Weitergabe des Glaubens beteiligt sind, besonders die Verantwortlichen und dafür speziell Ausgebildeten stehen hier vor einer großen Aufgabe.