21. MARIA IM GLAUBEN DER CHRISTEN
FÜR DAS GESPRÄCH
was man so sagt
- Ich habe schon eine Wallfahrt gemacht, um mich Maria anzuvertrauen.
- Ich verehre Maria, weil sie ganz nahe bei Gott ist.
- Warum hat Maria einen so großen Platz im Glauben, obwohl die Evangelien so wenig von ihr berichten?
- Wenn ich mit meiner Mutter in eine Kirche gehe, geht sie sofort zu einem Marienbild.
- Maria ist eine Mutter, die gelitten hat. Das macht sie wie zu einer Mutter aller Menschen.
- Wenn man sagt, dass Josef nur der Adoptivvater war, dann reduziert man die Menschlichkeit Jesu.
- Der Rosenkranz ist doch nur ein Geleier ...
- Wenn ich an Maria denke, heißt das für mich Erscheinungen, Wunder, Bildchen … Das ist wie ein Spektakel.
- Maria ist eine Heilige wie alle anderen.
- Warum soll man zu Heiligen und zu Maria im Besonderen überhaupt beten?
Fragen
- Was sagen Sie zu diesen Aussagen?
- Was spricht Sie besonders an?
ENTDECKEN
Musiker, Maler, Bildhauer... so viele Künstler haben Maria in ihren Motiven dargestellt. Im Laufe der Geschichte der Kirche hat man ihr so viele Gesichter gegeben, dass sich heute jeder in ihr wiederfinden kann. Damit hat Maria alle Grenzen von Rassen, Kulturen und sogar Religionen überwunden. (Ein schönes Beispiel sind die vielen Mosaike aus unterschiedlichen Ländern im Rundgang der Verkündigungskirche in Nazaret.)
Wenn man die vielen Kirchen und Kapellen sieht, die ihr gewidmet sind, und die zahlreichen Christen, die eine Wallfahrt zu diesen Plätzen machen, scheint es, dass Maria einen wichtigen Platz in der katholischen und orthodoxen Kirche einnimmt.
Maria, Tochter Israels und Mutter Jesu
Maria und Josef sind Juden, deren Glaube in der Geschichte ihres Volkes wurzelt. Sie beten, sie gehen zum Tempel, sie machen eine Wallfahrt nach Jerusalem. Gemäß den überlieferten Verheißungen erwarten sie das Kommen des Messias in Israel.
Dann kommt der Tag, an dem Gott zu Maria spricht, zu ihr, die immer ein hörendes Herz hat. Durch sie wird sich die Hoffnung des Volkes verwirklichen.
Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen, und seine Herrschaft wird kein Ende haben.
Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich.
Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel. (Lk 1, 26-38)
Auf das, was Gott ihr sagt, antwortet Maria mit Vertrauen und Bereitschaft. Aber wie Abraham, der auch einmal Ja gesagt hat, ahnt sie nicht, wohin das führen wird.
Maria – nahe bei Jesus
Das Neue Testament spricht wenig von Maria. Trotzdem haben wir einige Hinweise, um sie und ihr Verhältnis zu ihrem Sohn Jesus kennen zu lernen. Sie gibt das beste Beispiel, um deutlich zu machen, was unser christlicher Glaube bedeutet.
Das haben die Evangelisten gut verstanden. Lukas berichtet von der Kindheit Jesu. Man liest, wie Maria und Josef ein bisschen irritiert sind anlässlich einer Wallfahrt nach Jerusalem, bei der Jesus plötzlich verschwunden ist. Sie brauchen drei Tage, um ihn wiederzufinden. Er ist im Tempel und diskutiert mit den Schriftgelehrten. Warum habt ihr mich gesucht. Wisst ihr nicht, dass ich im Haus meines Vaters sein muss? - antwortet Jesus seinen Eltern, die nicht verstehen. Aber Maria bewahrt treu alles in ihrem Herzen. (Lk 2,41-52)
Erst später, quasi als seine Jüngerin bzw. Schülerin, beginnt sie zu verstehen und ihre Erfahrungen in sich wirken zu lassen.
Ein anderes Mal erklärt Jesus, wer seine Eltern sind: Meine Mutter und meine Brüder sind jene, die das Wort Gottes hören und es befolgen (Lk 8,21). Mit diesem öffentlich gesprochenen Wort ruft Jesus seine eigene Mutter zu sich, aber nicht weil sie seine Mutter ist, sondern weil sie besonders auf Gott hört. Sie nimmt einen Platz ein unter jenen, die mit Jesus gehen und ihn begleiten, sogar bis zum Kreuz.
Bei der Hochzeit von Kana (Joh 2,1-12) fordert Maria auf, zu Jesus Vertrauen zu haben: Macht, was er euch sagen wird. Sie erkennt in ihrem Sohn den Messias, den Gesandten Gottes.
Als Mutter und als Jüngerin folgt ihm Maria bis zum Kreuz. Trotz seiner Verurteilung und seinem Tod bleibt ihr Vertrauen bestehen.
Maria im Glauben der Kirche
Der Evangelist Johannes überliefert eines der letzten Worte Jesu: Frau – hier dein Sohn. Jesus vertraut dem Apostel Johannes seine Mutter an. Dann macht er dieses Anvertrauen gegenseitig: Siehe – deine Mutter (Joh 19,25-27). Später wird Maria von allen, die den Messias in dem Gekreuzigten erkennen, als Mutter der Christen bezeichnet. Und am Pfingsttag (Apg 1,14) befindet sich Maria inmitten der Jünger.
Im Lauf der Jahrhunderte haben die Katholiken Maria als Vorbild für ihre Jüngerschaft gesehen. In ihr zeigt sich alles, was Gott in einem Menschen verwirklichen will, der offen ist für seine Gnade. In der Tradition der Kirche wurden verschiedene Akzente ihres Daseins betont:
- Mutter Gottes (Konzil von Ephesus 431): In Jesus anerkennt die Kirche, dass Gott Mensch geworden ist. Das gehört wesentlich zum christlichen Glauben. Weil Maria die Mutter Jesu ist, kann sie aber dadurch auch zugleich Mutter Gottes genannt werden.
- Jungfrau: Tatsächlich handelt es sich hier um einen Begriff, der weniger über Maria, sondern mehr über Jesus aussagt. Er ist als Messias nicht aus dem Wollen eines Menschen geboren, sondern von Gott der ganzen Menschheit gegeben. Als dieses Geschenk Gottes kommt er von Gott; mit anderen Worten: er wird empfangen durch den Heiligen Geist.
- Unbefleckte: Das heißt: ohne Sünde. Von ihrer Geburt an orientiert sich Maria an der Liebe Gottes. Deshalb wird sie von Gott erwählt. Sie ist bereit für die Ankunft Christ, der zum Heil aller Menschen kommt.
- Himmelfahrt Marias: Indem sie vollkommen im Heiligen Geist lebt, gehört sie schon der neuen Welt und damit der Auferstehung an. Maria geht uns voran auf dem Weg der Geretteten in Jesus Christus.
Das Gebet Marias – mit Maria beten
Maria, eine Frau des Gebetes, lädt zum Gebet ein. Der Evangelist Lukas legt ihr ein Loblied in den Mund. Maria erwartet das Kommen Jesu, während sie ihre Cousine Elisabeth besucht, die bereits mit Johannes dem Täufer schwanger ist:
Meine Seele preist die Größe des Herrn,
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter
Denn der Mächtige hat Großes an mir getan,
und sein Name ist heilig.
Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht
über alle, die ihn fürchten.
Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten:
Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind,
er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.
Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben
und läßt die Reichen leer ausgehen.
Er nimmt sich seines Knechtes Israel an
und denkt an sein Erbarmen,
das er unsern Vätern verheißen hat,
Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.
(Lk 1,46-56)
Maria lobt Gott, den Herrn, der sich durch sie im Kommen des Messias mitteilen will.
Sie betont die Zuwendung Gottes zu allen Menschen, die die Welt entsprechend seiner Verheißung verändern wird.
Wenn man im Gebet Maria anruft, bedeutet das, sich an ihre Nähe zu Jesus zu wenden, an ihre Fürsprache bei Gott.
Seit Generationen vertrauen Katholik/innen Maria ihre Sorgen an, ihre Nöte, ihre Angelegenheit in dieser Welt, ihre Sehnsucht, im Glauben voranzuschreiten.
Viele beten regelmäßig das Gegrüßet seist du, Maria (Ave Maria) und denken dabei an die Ereignisse in ihrem Leben mit Christus. Das geschieht oftmals an Pilgerstätten, an denen sich Menschen bewusst an sie wenden, die uns auf dem Weg vorangegangen ist.
Maria in anderen christlichen Kirchen
- In den orthodoxen Kirchen gilt Maria als die ganz Heilige.
- In der lutherischen bzw. protestantischen Kirche ist Maria die Mutter Jesu und deshalb Mutter Gottes. Aber eine Anrufung Marias könnte die Aufmerksamkeit für Jesu, dem einzigen Mittler des Neuen Bundes zwischen Gott und den Menschen, schmälern. Deshalb wird dies weitgehend vermieden. Außerdem wird verschiedenen Titeln, die Maria in frommen Traditionen gegeben werden, nicht zugestimmt - außer eben „Mutter Jesu“ und „Mutter Gottes“.
- Im Islam wird Jesus als Prophet anerkannt. Maria ist deshalb Mutter eines Propheten, die im Glauben verehrt und bewundert werden kann.
ZUR VERTIEFUNG
Ein Zeugnis
Meine erste Begegnung mit Gott hat dank Maria stattgefunden. Meine Eltern haben mich verlassen als ich einige Monate alt war. Ich bin bei Pflegeeltern aufgewachsen. Eines Tages habe von den Alkoholproblemen meiner Mutter erfahren. An meinen Vater habe ich eine unklare, gewalttätige Erinnerung. In meiner Kindheit habe ich öfter Angst gehabt, dass sie mich zurücknehmen wollen.
Vor einigen Jahren bin ich eine Kirche eingetreten. Ich habe mich umgesehen und bin zufällig vor einer Statue Mariens stehengeblieben, die blau und weiß gekleidet war. Dann hab ich ihr Gesicht gesehen und war sehr beeindruckt.
Der Friede und die Zärtlichkeit in ihrem Blick und in ihrem Lächeln haben mich umgeben. Ich glaube, ich habe eine Art Gegenwart gespürt. Ich habe mich gefragt, ob so eine reine Liebe im Alltagsleben überhaupt existieren kann. Danach bin ich öfter in Kirchen gegangen, um Maria anzusehen und um in mir Hoffnung für mein Leben zu finden. Schritt für Schritt habe ich verstanden, dass Gott in Maria gewohnt hat, dass er mich niemals allein lassen wird; auch mich nicht, die ich so voller Probleme war.
- Was beeindruckt Sie in diesem Zeugnis?
- Hat Maria eine Bedeutung für Ihren Glauben? Welchen?
Eine Wallfahrt
- Hat jemand aus Ihrem Bekanntenkreis einmal von einer Wallfahrt erzählt?
- Hat Sie das interessiert? Würden Sie auch gerne an so etwas teilnehmen?
Maria besser kennen lernen
- Gibt es einen Text aus einem Evangelium, der Sie besonders anspricht? Welchen? Warum?
- Haben Sie Haltungen Jesu oder Maria entdeckt, die Sie noch nicht gekannt hatten, welche?
GEBET
Das Gebet Marias besteht aus zwei Teilen: Zuerst wird aus dem Evangelium der Gruß des Engels (Lk 1,28) und der Segen Elisabeths (Lk 1,42) aufgenommen; der zweite Teil ist eine Bitte.
Gegrüßet seisst du, Maria
Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir.
Du bist gebenedeit unter den Frauen,
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.
Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitte für uns Sünder
jetzt und in der Stunde unseres Todes.
Amen
Ein Meditationstext
Herr, unser Gott, Freund der Menschen,
du hast einen Engel zu Maria von Nazaret gesandt,
um ihr zu sagen:
Freu dich, die du das Gefallen Gottes gefunden hast!
Sie hatte ein reines und ein verwundbares Herz.
Und dann hast du sie gebeten um das Unerwartete, das Unmögliche.
Sie hat sich von deinem Wort berühren lassen.
Gewähre uns dieselbe Gnade,
die die Jungfrau Maria empfangen hat.
Mach uns verwundbar und offen für dein Wort.
Lass uns aufmerksam sein für jedes Wort,
das uns von dir zukommen wird,
wenn du uns eines deiner Kinder auf unserem Weg begegnen lässt.
Befreie uns von der Traurigkeit eines verschlossenen Herzens,
damit die Freude Marias auch zu unserer wird
heute und bis in alle Ewigkeit. Amen.
nach : Réjouis-toi, Marie. Cardinal Godfried Danneels