15. CHRISTLICHES LEBEN IM HEILIGEN GEIST
FÜR DAS GESPRÄCH
was man so sagt
- Heiliger Geist: das ist doch Spiritismus.
- Wir sind getauft im Geist Jesu.
- Ich glaube, es gibt zwei Geister: einen für das Böse, einen für das Gute.
- Ein Geist, der macht Angst. Es könnte auch eine Macht sein, die uns manipuliert.
- Der Heilige Geist ist die Liebe zwischen Gott, dem Vater und dem Sohn Jesus.
- Der Heilige Geist Gottes führt mich durch mein Leben.
- Gott Vater und Jesus Sohn, das verstehe ich ein bisschen. Aber ein Heiliger Geist, das ist doch viel zu abstrakt.
- Ich glaube nicht an Gespenster. Das ist doch Unsinn.
- Wenn der Heilige Geist tatsächlich in uns lebt: Wieso haben wir dann noch Probleme?
Fragen
- Welche dieser Meinungen ist für Sie besonders interessant - oder zutreffend - oder falsch? Warum?
ENTDECKEN
Man spricht eigentlich wenig vom Heiligen Geist, dennoch ist er ständig gegenwärtig im Innersten menschlicher Erfahrungen.
Der Glaube ermöglicht, die Gegenwart des Heiligen Geistes zu erkennen. Wir können ihn sogar benennen. Christen sagen von Anfang an: „Der Heilige Geist kommt von Gott“. Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (das Credo) formuliert so:
„Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird;
der hat gesprochen durch die Propheten“.
Weil er aber doch Geist ist, also unsichtbar und vielleicht irgendwie abstrakt, ist es tatsächlich nicht einfach, ihn wahrzunehmen. Um ihn zu charakterisieren, verwendet man gerne Bilder und Symbole: Wind, Wasser, Luft, Feuer, eine Taube usw.
Der Heilige Geist zeigt sich in den Erfahrungen Israels
Ein Geist des Lebens
Die Autoren des Buches Genesis, das ca. 1000 vor Christus geschrieben wurde, sprechen vom Heiligen Geist, der von der Erschaffung der Welt an gegenwärtig war:
„Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser“ (Gen 1, 2).
Das Wort und der Geist Gottes verbinden sich, um das Leben zu geben:
„Sendest du deinen Geist aus, so werden sie alle erschaffen, und du erneuerst das Antlitz der Erde.“ (Ps 104, 30)
„Es ist der Geist im Menschen, des Allmächtigen Hauch, der ihn verständig macht.“ (Hi 32, 8)
Der Geist der Wahrheit
Wenn ein Prophet im Namen des Herrn spricht, macht er das in der Kraft des Geistes:
„Seht, das ist mein Knecht, den ich stütze ... Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er bringt den Völkern das Recht... So spricht Gott, der Herr,… der den Menschen auf der Erde den Atem verleiht und allen, die auf ihr leben, den Geist.“ (Jes 42,1–5)
Der Geist der Gemeinschaft
Im Gebet rufen einzelne Gläubige und das ganze Volk den Namen des Herrn an:
„Erschaffe mir Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist! Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir! Mach mich wieder froh mit deinem Heil; mit einem willigen Geist rüste mich aus!“ (Ps 51,12–14)
Der Geist in der Erfahrung Jesu
Jesus verbringt sein Leben treu gegenüber „dem Geist des Herrn, der die Erde erfüllt“ (Weish 1,7). In seiner ganzen Existenz, in der Kraft seiner Worte und Taten manifestiert sich der Geist Gottes.
Bei der Taufe Jesu
Das Lukas-Evangelium (3,21–22) erzählt, wie der Geist auf Jesus herabkommt in Gestalt einer Taube. Himmel und Erde begegnen einander. Und wenn Jesu seinen innigen Bund mit Gott verwirklicht, schließt das die Menschen mit ein.
Als sich Jesus in die Wüste zurückzieht (Lk 4,1–3)
Der Geist begleitet und führt Jesus schon von Beginn seiner Mission an. Er hilft ihm zu unterscheiden, was er vermeiden muss, aber auch welche Konflikte er eingehen muss, um in Treue zu seinem Vater zu leben. Der Geist ist immer an der Seite Jesu, d.h. er wirkt in ihm ohne Unterlass, durch ihn ist er ununterbrochen in Gemeinschaft mit Gott dem Vater.
Am Anfang seiner Mission in der Synogage von Nazaret
Jesus präsentiert sich als der Gesandte Gottes für das Heil aller. Indem er den Propheten Jesaja zitiert, spricht er von sich selbst: „Der Herr ist mit mir, denn er hat mich gesalbt, um die Frohe Botschaft zu verkünden und ein Gnadenjahr des Herrn auszurufen.“
Beim letzten Abendmahl
Jesus bittet den Vater, den Geist der Wahrheit zu schenken (Joh 14,15-16). Mit den Gläubigen soll der Geist nun auf eine neue Art und Weise zusammen sein.
Jesus sagt zu seinen Jüngern:
Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. (Joh 14,26)
Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. (Joh 14,27)
Deshalb versichert uns das Evangelium, dass der Fortgang Jesu seine Jünger nicht wie Waisen zurücklässt. Es zeigt sich, dass der Geist, das Geschenk Gottes, bei ihnen bleibt.
Der Heilige Geist in der Erfahrung der Kirche
Im Pfingstereignis, gleichsam am Anfang der Kirche, kommt der Heilige Geist, um bei den Aposteln zu sein, sie zu inspirieren und ihnen beizustehen im Angesicht der Welt Zeugnis vom auferstandenen Jesus zu geben. In der Erzählung von Pfingsten (Apg 2,1-12) kündigt sich der Geist an wie ein starker Wind. Er erscheint wie Zungen von Feuer.
Dank dem Geschenk des Heiligen Geistes überwinden die Apostel ihre Angst und empfangen Begeisterung. Sie beginnen zu reden und das Evangelium zu verkünden bis an die Grenzen der Erde, zu Menschen aller Rassen, aller Sprachen, aller Religionen.
Von jetzt an hört der Geist nicht auf, die christlichen Gemeinschaften zu inspirieren und in den Herzen der Gläubigen zu bleiben.
Wie aber kann man die Gegenwart des Geistes erkennen? Das kann man nicht beweisen, aber aus dem Glauben heraus kann man Ereignisse deuten und das Wirken des Geistes dann so verstehen:
- als Licht/Erleuchtung: wenn das Wort Gottes uns auf gute Wege führt;
- als Kraft: wenn wir dem Bund treu bleiben;
- als Gemeinschaft: wenn wir unsere Beziehung zu Gott pflegen und in Solidarität mit den Mitmenschen leben;
- als Freiheit: die uns in wahrer Menschlichkeit wachsen lässt;
- als Friede und Liebe: wenn wir Geschwisterlichkeit zwischen den Menschen aufbauen;
- als Freude: denn der Weg des Glaubens führt uns zur Quelle des wahren Glücks.
Der Geist macht uns zu Kindern Gottes. Er ermutigt uns, dass wir Zeichen des Reiches Gottes werden. Er inspiriert uns zu einem geistlichen Leben, das uns nicht von der Realität trennt, sondern zutiefst mit ihr verbindet und uns in ihr Spuren des (zukünftigen) Reiches Gottes erahnen lässt.
Paulus führt den Gedanken an die Gegenwart des Geistes im Leben der Gläubigen weiter:
Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?
Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben. Denn Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr. (1 Kor 3,16-17)
Und das zeigt sich nicht nur in frommen Übungen oder in heiligen Gefühlen, sondern im alltäglichen Verhalten:
Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung. (Gal 5,22)
Der Heilige Geist im Leben der Welt
Der Heilige Geist hilft uns fortwährend, unser Leben zu gestalten, aber er ist auch gegenwärtig in der Entfaltung der Schöpfung. Christen sind vom Wirken Gottes in seinem Geist überzeugt, auch wenn sich dies außerhalb der Kirche verwirklicht:
- In der Geschichte der Menschheit gibt es keinen Zeitpunkt ohne Gegenwart des Geistes.
- Der Geist weht wo er will (Joh 3,8). Er ist nicht reserviert für privilegierte Menschen, nur weil diese einer bestimmten Religion oder einem bestimmten Volk angehören.
- Das Geschenk des Geistes ist ohne Grenzen; aber er ist ziemlich zurückhaltend, weil er die Freiheit der Menschen respektiert.
Der Geist drängt und zwingt nicht, aber er ermutigt zu einem Vertrauensverhältnis zwischen Gott und den Menschen. Er bewirkt:
- Vertrauen in den Menschen: in Gott, in das Leben;
- Vertrauen in Gott, der den Menschen das Heil schenkt und Wege dazu zeigt.
Das Leben heute ist spannend. Es gibt immer wieder neue Entdeckungen, die nicht nur Antworten und Lösungen mit sich bringen, sondern auch Fragen herausfordern: Was darf der Mensch? Gibt es eine Grenze, die ihn darauf verzichten lassen soll, seinen Wissensdurst und seine Experimentierfreude zu stillen? Forschungen und Erkenntnisse in der Bioethik, in der Ökologie, in der Technik, in den Auswirkungen der Globalisierung sind oft faszinierend – und zweideutig. Wir sind herausgefordert zu unterscheiden, jeder persönlich oder in Gemeinschaft, was wirklich gut für die Menschen ist. Dabei wird uns der Heilige Geist helfen. Mit ihm nehmen wir Tag für Tag Anteil an der Heiligkeit Gottes, die auf diese Welt ausstrahlt. Und wir können voll Optimismus sein Reich erwarten, für sein Reich arbeiten, das schon begonnen hat, aber in Vollendung erst kommen wird.
ZUR VERTIEFUNG
Eine Gegenwart des Heiligen Geistes
Der Prophet Elija lebt in den Zeiten des Königtums in Israel. Er klagt die Treulosigkeit des Königs zu Gott an. Danach ist er gezwungen zu fliehen, um der Rache des Königs zu entkommen. In der Wüste empfängt er den Ruf Gottes.
Ahab erzählte Isebel alles, was Elija getan, auch dass er alle Propheten mit dem Schwert getötet habe. Sie schickte einen Boten zu Elija und ließ ihm sagen: Die Götter sollen mir dies und das antun, wenn ich morgen um diese Zeit dein Leben nicht dem Leben eines jeden von ihnen gleich mache. Elija geriet in Angst, machte sich auf und ging weg, um sein Leben zu retten. Er kam nach Beerscheba in Juda und ließ dort seinen Diener zurück. Er selbst ging eine Tagereise weit in die Wüste hinein. Dort setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte sich den Tod. Er sagte: Nun ist es genug, Herr. Nimm mein Leben; denn ich bin nicht besser als meine Väter. Dann legte er sich unter den Ginsterstrauch und schlief ein. Doch ein Engel rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Als er um sich blickte, sah er neben seinem Kopf Brot, das in glühender Asche gebacken war, und einen Krug mit Wasser. Er aß und trank und legte sich wieder hin. Doch der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal, rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich. Da stand er auf, aß und trank und wanderte, durch diese Speise gestärkt, vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Gottesberg Horeb. Dort ging er in eine Höhle, um darin zu übernachten. Doch das Wort des Herrn erging an ihn: Was willst du hier, Elija? Er sagte: Mit leidenschaftlichem Eifer bin ich für den Herrn, den Gott der Heere, eingetreten, weil die Israeliten deinen Bund verlassen, deine Altäre zerstört und deine Propheten mit dem Schwert getötet haben. Ich allein bin übriggeblieben, und nun trachten sie auch mir nach dem Leben. Der Herr antwortete: Komm heraus, und stell dich auf den Berg vor den Herrn! Da zog der Herr vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem Herrn voraus. Doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle.
(1 Kön 19,1-13).
Gott zeigt sich in einem kaum wahrnehmbaren, wenig spektakulären Zeichen, in einem Lufthauch:
Was kann Elijas daraus erkennen?
Was bedeutet das für unsere Wahrnehmung des Heiligen Geistes heute?
Wo zeigt sich Ihrer Meinung nach heute der Heilige Geist in der Kirche? In der Welt?
Der Heilige Geist – eine Herausforderung
Nikodemus ist ein wohlhabender Jude und ein Pharisäer. Er hat Vertrauen in Jesus. Aber sein Glaube muss erst wachsen. Nikodemus hat manche Fragen (Joh 3,5-8):
Jesus antwortete: Amen, amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; was aber aus dem Geist geboren ist, das ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir sagte: Ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind weht, wo er will; du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem, der aus dem Geist geboren ist.
Wie können Sie die Worte Jesu verstehen? In welcher Weise ist heute die Taufe bzw. die Firmung eine neue Geburt im Geist?
Können Sie sich vorstellen, dass der Heilige Geist überall in der Welt wirkt, sowohl in den Herzen der Gläubigen wie der Ungläubigen?
Wohin könnte uns der Geist Gottes führen? Was sind seine Früchte in unserem Leben?
GEBET
Es ist gut, eine Zeit der Meditation zu widmen, am besten in der Natur. Betrachten Sie Bäume, Sträucher, Tiere, und versuchen Sie, innerlich ruhig zu werden.
Komm, Heiliger Geist,
und sende aus der Höhe des Himmels
einen Strahl deines Lichtes.
Komm, Vater der Bedürftigen,
komm und verteile deine Gaben.
Komm, Klarheit der Seele.
Tröster voller Güte,
sanfter Bewohner unserer Herzen,
herrliche Erfrischung!
Linderer der Schmerzen!
In der Arbeit, in der Stille,
in der Anstrengung, in der Erholung.
O glückliche Klarheit,
erfülle bis zum Grund
die Herzen deiner Gläubigen.