13. DIE KIRCHE
FÜR DAS GESPRÄCH
was man so sagt
- Gott ja, Kirche nein.
- Ich besuche Kirchen am liebsten, wenn sie leer sind.
- Früher war die Kirche der Papst und die Priester; heute sieht man so viele unterschiedliche Gesichter. Auch ganz einfache Menschen sind Kirche.
- Die Kirche ermöglicht mir, Jesus Christus kennen zu lernen.
- Warum spricht man von einer Kirche? Es gibt doch mindestens drei: Katholiken, Protestanten und Orthodoxe.
- Man gehört zur Kirche nur aus Gewohnheit und aus Tradition.
- Während meiner Reisen bin ich immer wieder überrascht über die Vielfalt und Schönheit der alten Kirchen.
Fragen
- Gibt es eine Aussage, die Sie mehr als andere betrifft? Warum?
- Zusammen mit ihren Begleiter/innen (oder auch alleine) können Sie eine Kirche besuchen: Was fällt Ihnen auf? Was ist schön? Was ist unverständlich? Welche Fragen haben Sie?
ENTDECKEN
Unter „Kirche“ kann man unterschiedliches verstehen: eine religiöse Institution, eine geschwisterliche Gemeinschaft, eine Pfarre, gläubige Menschen, ein Gebäude, einen Gottesdienst, einen Ort für Wallfahrten usw.
Um die tiefere Wirklichkeit der Kirche zu erkennen gibt es zwei Perspektiven:
- Ein Blick in die Geschichte: Wie ist sie entstanden? Wer wollte sie? Warum?
- Ein Blick in die Gegenwart: Warum vereinen sich Christen? Welchen Sinn hat für sie das Weltgeschehen?
Diese zwei Perspektiven vereinen sich in denselben Glaubensüberzeugungen: Es ist der Heilige Geist, der in Geschichte und Gegenwart der Kirche wirkt, von Anfang an bis heute. Deshalb ist sie ein Bild des Reiches Gottes, eine Gemeinschaft, die über das Diesseits hinausweist. Zugleich bleibt die Kirche eine menschliche Realität, mit Stärken und Schwächen, mit Großartigem und mit Fehlern, mit Bösem und mit Gutem, das auch in den Herzen der Gläubigen mitwirkt.
DER ANFANG DER KRICHE
Davor
Die Entstehung des Volkes Gottes ist eng verbunden mit dem Judentum. Die Israeliten waren davon überzeugt, ein Volk zu bilden, das durch die Beziehung zu dem einen Gott definiert ist.
Zu Zeiten Jesu
Im Neuen Testament wird Josef, der Ehemann Marias, als Nachkomme Davids bezeichnet, mit dem auch die große messianische Hoffnung verknüpft ist, dass „alles gut“ wird. Jesus bezieht diese Hoffnung auf sich. Indem er zwölf Apostel beruft, repräsentieren diese gleichsam die zwölf Stämme, die Israel einst gebildet haben. Jesus lebt und wirkt in demselben Volk, dem die Verheißungen Gottes gelten. Aber es ist Zurückweisung Jesu und seine Ablehnung als Messias, wodurch der Bruch zwischen Judentum und Christentum hervorgerufen wird.
Ausgehend von Pfingsten
Wie Jesus versprochen hat, schenkt Gott den Aposteln den Heiigen Geist, und sie erinnern sich an die Worte Jesu:
Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,19–20)
In diesem Sinn bildet das Pfingstereignis tatsächlich den Anfang der Kirche – und zwar über alle Grenzen hinaus. Die Ereignisse, die in der Apostelgeschichte berichtet werden, führen uns zu Menschen unterschiedlicher Nationen, zunächst in Jerusalem selbst. Die Menschen, die sich zum Pfingstfest (dem jüdischen Erinnerungsfest an den Bund Gottes mit dem Volk) versammelt haben, sagen: Wir alle hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden. (Apg 2,11)
Sehr schnell bilden sich im Bereich rund um das Mittelmeer kleine christliche Gemeinschaften. In Antiochien in Syrien werden die Jünger ca. im Jahr 43 zum ersten Mal „Christen“ genannt. Diese Kirche, die von Christus gewollt ist, ist somit aufgebaut auf den zwölf Aposteln. Deshalb nennt man sie apostolisch. Sie ist Erbe der Berufung Israels und Erbe des Auftrags Jesu, des Messias. Wir aber anerkennen, dass unsere jüdischen Brüder und Schwestern Gott, den Herrn bezeugen gemäß dem Bund im Alten Testament.
Stichwort: Kirche Das griechische Wort für „Kirche“ bezeichnet ursprünglich die Gemeinschaft des versammelten Volkes, aber auch die Zum-Herrn-Gehörigen. In christlichem Sinn wird die Kirche daher verstanden wird als Gemeinschaft, die im Namen Christi zusammengerufen ist. Die dabei Versammelten verdeutlichen die Gegenwart Gottes. |
DIE GESCHICHTE DER KIRCHE
Von Anfang an hat die Kirche inmitten vieler Völker existiert.
Die Zeit des Anfangs
Die Apostelgeschichte beschreibt das Leben der ersten christlichen Gemeinschaften:
Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten. (Apg 2,42) - Dieser Text verdeutlicht einige wichtige Aspekte des kirchlichen Lebens.
Die Lehre des Evangeliums
Durch den Glauben an das Zeugnis der Apostel wird man Christ. Das wird in der Taufe angenommen und bestätigt. In anderen gottesdienstlichen Feiern nimmt das Bezeugen des Glaubens die Form eines „Glaubenssymbols“ oder eines „Credo“ (= ich glaube) an. Dieses Bekenntnis des Glaubens wird bereits im ersten Jahrhundert formuliert und beruht auf dem Glauben der Apostel.
Ein Lebensstil: die geschwisterliche Gemeinschaft
Der Heilige Geist lässt im Glauben eine Gemeinschaft mit Christus entstehen, die nach seinem Vorbild mit Schwestern und Brüdern wie eine Familie ist. Paulus stellt fest:
Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus (als Gewand) angelegt. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid «einer» in Christus Jesus. (Gal 3,26–28)
Es gibt keine Kirche ohne Suche nach dieser Gemeinschaft, die ein sichtbares Zeichen des Reiches Gottes sein soll. Konkret wird eine solche Gemeinschaft gelebt durch Teilen, gegenseitige Aufmerksamkeit, gemeinsames Gebet usw.
Ein besonderer Ritus: das Brechen des Brotes
So wird die Eucharistiefeuer am Anfang genannt. Diese rituelle Geste des Letzten Abendmahles Jesu erinnert an seinen Tod und seine Auferstehung. Die ersten Christen pflegen sie in den christlichen Häusern am ersten Tag der Woche. Das Teilen von Brot und Wein bezeugt die Gegenwart des Auferstandenen. (vgl. Apg 20,7)
Die Kirche versteht sich als Versammlung im Namen des Herrn. Bis heute bezeugt die Feier der Heiligen Messe das Geheimnis der Gemeinschaft mit Christus und den anderen.
Die Zeit des Wachstums
Christ zu werden bedeutete bis zum 4. Jahrhundert ein Risiko, sogar ein tödliches Wagnis. Danach wird der christliche Glaube anerkannt als erlaubte Religion, die sehr rasch zur römischen Staatsreligion wird. In der Folgezeit können Trennung und Streitigkeiten der Christen untereinander den Weg der Kirche nicht wirklich aufhalten.
Zu allen Zeiten hören Männer und Frauen die Einladung, gemäß der Botschaft des Evangeliums zu leben, und diese weiterzugeben.
Mit der Eroberung neuer Erdteile wollten die Menschen ihre Dominanz aber zugleich politisch und religiös umsetzen. Doch da verfällt man einem Irrtum: Denn Gott zwingt niemals. Nach seinem Willen besteht die Zugehörigkeit zum christlichen Glauben in dem Wunsch, Jesus Christus zu begegnen und mit ihm zu sein. In diesem Sinn sind einige Missionare aufgetreten, z.B. Bartholomäus de Las Casas (1474–1556) in Amerika oder Mattéo Ricci (1552–1610) in China. Sie sagen ganz klar, dass Unwissenheit keineswegs erlaubt, Gewalt anzuwenden, damit jemand einen Glauben annimmt. Im Gegenteil: Für die Kirche geht es darum zu verstehen, was die Botschaft des Evangeliums in jedem Milieu, in jedem Volk, in jeder Sprache und Kultur bedeutet.
Religionsfreiheit heute
Heute leben überall auf der Welt Christen. Darunter gibt es Opfer von Verfolgungen in einigen Ländern. Anderswo bilden die Christen Minderheiten, die mit Gleichgültigkeit und manchmal Verachtung der Bevölkerung umgehen müssen.
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) war ein wichtiges Ereignis für das Leben der Kirche. Einer der offiziellen Texte (das Dekret über die Religionsfreiheit Nostra Aetate) betont, „dass die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat. Diese Freiheit besteht darin, dass alle Menschen frei sein müssen von jedem Zwang sowohl von seiten Einzelner wie gesellschaftlicher Gruppen, wie jeglicher menschlicher Gewalt“. (Nr. 2)
„Die Staatsgewalt muss also durch gerechte Gesetze … den Schutz der religiösen Freiheit aller Bürger wirksam und tatkräftig übernehmen und für die Förderung des religiösen Lebens günstige Bedingungen schaffen“. (Nr. 6) Das betrifft auch die (zumindest internen) Möglichkeiten von Gottesdiensten, der Weitergabe des Glaubens, der Trägerschaft von sozialen Werken u.a.m. (vgl. Nr. 4). Zugleich „muss denn die Religionsfreiheit auch dazu dienen und dahin geordnet werden, dass die Menschen bei der Erfüllung ihrer Pflichten im Leben der Gesellschaft mit Verantwortung handeln". (Nr.8)
DAS GEHEIMNIS DER KIRCHE
Im Neuen Testament verwendet Paulus das Bild eines Körpers, bei dem Christus das Haupt ist und die Christen Gliedmaßen (1 Kor 12,12-27).
Die Kirche ist eine Gemeinschaft von Menschen, die in demselben Glauben an Christus vereint sind. Die Kirche, das Volk Gottes, der Leib Christi, ist nicht bloß eine Gemeinschaft von Menschen, die einander sympathisch sind. Ihre Aufgabe ist es, den Bund zwischen Gott und den Menschen zu verwirklichen. So ist die Kirche ein bescheidenes, aber effektives Zeichen des Reiches Gottes im Sinn Jesus Christi. Deshalb ist die Kirche:
- eine: Ihre Einheit besteht in der Verbindung mit Jesus Christus und der weltweiten Gemeinschaft seiner Jünger. Diese Einheit ist ein Zeichen für die Gemeinschaft der Menschheit in der Liebe Gottes.
- heilige: Die Kirche ist nicht heilig, weil die Christen besser wären als andere, aber weil die Kraft des Heiligen Geistes in ihnen wirkt. Gott schenkt seiner Kirche Vertrauen trotz aller Fehler und Schwächen, um die Gegenwart des auferstandenen Christus zu bezeugen.
- katholische: Dieses griechische Wort bedeutet: offen für alle, universal, weltumspannend. Die Christen sind nicht damit zufrieden, unter sich eine nette, gemütliche Gemeinschaft zu bilden, denn sie sind ein Zeichen der Hoffnung für die ganze Welt.
- apostolische: Auch heute steht die Kirche in der Nachfolge und der Tradition der ersten Apostel. Auch die Aufgaben des Papstes und der Bischöfe liegen auf dieser Linie; ihre Nachfolge kann historisch nachvollzogen werden.
Ökumene
In dieser Welt sind die Christen gespalten. Die Ökumene aber drückt den Wunsch und die Sehnsucht aus, zwischen Katholiken, Protestanten, Anglikanern, Orthodoxen zu einer größeren Einheit zu finden.
Das könnte so gehen:
- anerkennen, dass alle denselben Glauben leben, den sie durch die Taufe empfangen haben, egal in welcher Konfession;
- durch das Gebet und den Ruf zur Umkehr zu jeder Gemeinschaft und zu jedem Einzelnen;
- durch das Nachforschen in der Geschichte, um herauszufinden, was zu den Trennungen geführt hat und um diese heute vielleicht zu überwinden.
- im Akzeptieren von legitimen Unterschieden.
Stichwort: Dienste in der Kirche Im heutigen Leben der Kirche gibt es unterschiedliche Personengruppen, die zu einem Dienst geweiht sind: Die Bischöfe: In der Nachfolge der Apostel haben sie die Verantwortung für ihre Ortskirchen (Diözesen). Sie garantieren einen Blick auf das Gemeinsame und die Einheit der Christen. Der Papst: Als „Bischof von Rom“ hat er eine besondere Aufgabe im Dienst an der Einheit der universellen katholischen Kirche. Die Priester haben die Berufung, die Ortsgemeinschaften (Pfarren) zu versammeln im Gebet und zur Feier der Eucharistie sowie dafür Sorge zu tragen, dass der christliche Glaube weitergegeben wird. Die Diakone erhalten eine diakonale Weihe. Sie sind im Namen der Kirche Zeugen der tätigen Nächstenliebe an verschiedenen Orten des Lebens. Sie nehmen teil am Dienst der Feier der Sakramente. |
Stichwort: Tradition Das Wort kommt vom Lateinischen und bedeutet: Übertragung, Weitergeben In der Kirche bedeutet dies eine lebendige Aktualisierung eines Erbes, das letztlich von den Aposteln empfangen wurde. Die Tradition sichert einerseits die Kontinuität, verlangt aber auch eine beständige Adaption von Formen des religiösen Lebens gemäß der gegenwärtigen Zeit und der jeweiligen Kultur. Die Kirche würde ihr Fundament verlieren ohne diese apostolische Tradition. |
ZUR VERTIEFUNG
Eine Feier
Im Verlauf des Katechumenats findet auch die Feier der Übergabe des Glaubensbekenntnisses statt. Dabei übergibt die christliche Gemeinschaft den Text des Credo an die Katechumenen. Dabei wird die Wichtigkeit der katholischen Tradition verdeutlicht.
GEBET
Wir sind der Leib Christi,
jede/r von uns ist ein Glied an seinem Leib,
jede/r hat die Gaben des Heiligen Geistes empfangen zum Wohl des ganzen Leibes.
Gott hat uns berufen, dieselbe Hoffnung in uns zu tragen,
um einen einzigen Leib zu bilden, der im Heiligen Geist getauft ist.
Gott hat uns alle berufen zu derselben Heiligkeit,
um einen einzigen Leib zu bilden, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen aus der Dunkelheit zum Licht,
um einen einzigen Leib zu bilden, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen zur Liebe und Versöhnung,
um einen einzigen Leib zu formen, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen, sein Lob zu singen,
um einen einzigen Leib zu formen, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen zur Einheit mit seinem Sohn.
um einen einzigen Leib zu formen, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen zum Frieden, in dem sein Segen liegt.
um einen einzigen Leib zu formen, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen unter das Kreuz Jesu Christi.
um einen einzigen Leib zu formen, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen zum Heil und zur Erkenntnis.
um einen einzigen Leib zu formen, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen zum Heil durch den Heiligen Geist.
um einen einzigen Leib zu formen, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen zur Herrlichkeit seines Reiches.
um einen einzigen Leib zu formen, getauft im Heiligen Geist.
Gott hat uns alle berufen zur Hochzeit des Lammes.
Immer, um einen einzigen Leib zu formen, getauft im Heiligen Geist.
Dieu nou a tous appelès. Texte CNPL, Didier Rimaud