12. JESUS, SOHN GOTTES, ERLÖSER ALLER MENSCHEN
FÜR DAS GESPRÄCH
was man so sagt
- Jesus soll Erlöser sein? Seit seinem Kommen hat sich überhaupt nichts geändert.
- Das Heil der Welt hängt von uns ab, nicht von Gott.
- Arbeitslosigkeit, Drogen, Alkoholismus, Gewalt... Gibt das einen Platz für ein Heil?
- Wieso ist Gott Retter für einige und nicht für andere?
- Seit ich an Christus glaube, habe ich auch Vertrauen zu mir selbst gefunden.
- Alle Religionen behaupten, dass sie den besten Weg zu Gott haben. Wie soll man sich da auskennen?
- Um gerettet zu werden, darf man nichts Falsches machen, man muss jeden Tag beten und in die Kirche gehen.
- Man kann nur nach dem Tod gerettet werden, denn jetzt sind wir alle der Sünde unterworfen.
Fragen
- Welche dieser Meinungen ist für Sie besonders interessant - oder zutreffend - oder falsch? Warum?
- Was bedeutet für Sie „Heil“ und „Erlösung“?
ENTDECKEN
Die Rede von einem Heil setzt voraus, dass Menschen von etwas geheilt bzw. befreit werden, das sie hindert, in voller Bedeutung des Wortes Mensch zu sein.
Der christliche Glaube bekräftigt: Gott allein bringt Heil.
In Beziehung zu ihm findet der Mensch zu seinem wahren Mensch-sein – und damit zu seinem Heil. Aber es gibt Ablenkungen, die diese Beziehung stören. Man spricht von Sünde, wenn Worte oder Taten, aber auch Unterlassungen oder Gedanken lieblos sind und damit von Gott trennen. Da aber ein moralischer Perfektionismus Menschen-unmöglich ist (und ein Versuch menschliche Kräfte übersteigen oder zu einer Form von Geisteskrankheit führen könnte), muss es Gott überlassen bleiben, Wege des Heiles zu zeigen, auf denen man – mit Gottes Hilfe und den eigenen Kräften gemäß – voranschreiten kann.
Aber um welches Heil handelt es sich? Genügt es nicht zu tun, was eben möglich ist? Warum sollte man nicht das Glück finden, indem man gute Beziehungen zu sich selbst und zu den anderen verwirklicht?
Um die Geschichte des Heiles Gottes - und zu dieser Heilsgeschichte gehören auch wir - nachzuvollziehen, müssen wir uns ein paar Ereignisse und deren Bedeutung für den Glauben bewusst machen.
In der Erfahrung des Exodus wird Gott als Retter entdeckt
Das Volk Israel hat den Auszug aus Ägypten wie eine verwirklichte Befreiung durch Gott erfahren. Das Alte Testament stellt uns Gott als denjenigen vor, der die Menschen befreit. Konkret beruft er Moses, in seinem Namen und in seinem Auftrag das Volk zu führen.
Das Heil bezieht sich auf die Situation eines ganz bestimmten Volkes: die Isaeliten
Das Heil ist nicht zuerst individuell zu verstehen. Der Exodus ist die Erfahrung einer Gemeinschaft und hat eine soziale Dimension: eine Befreiung von der Unterdrückung durch die Ägypter. Es ist ein menschlich nachvollziehbares Heilsereignis, wenn Menschen von Unterdrückung befreit werden.
Das Heil ereignet sich nicht plötzlich
Auch in der Zeit der Unterdrückung halten die Hebräer an ihrem Bund fest, der ihnen von Gott geschenkt wurde. Sie haben sich also auf gewisse Weise eine innere Freiheit bewahrt. Der Exodus, der Auszug aus Ägypten, eröffnet nun eine neue Geschichte.
Freilich wird damit anschließend das Unglück, das Unheil, nicht ein für alle Mal überwunden. Die biblischen Berichte erzählen mehrmals von Widersprüchen und Irrwegen Einzelner oder sogar des ganzen Volkes.
Glück, ein langes Leben, Nachkommenschaft, ein guter Ruf sind allerdings nie gesichert. Man kann noch so gerecht und liebevoll leben: Es gibt keine Garantie, dass dies letztlich belohnt wird. Mit etwas Sarkasmus könnte man sogar meinen: Wozu soll ich mich bemühen, im Sinn des Bundes zu leben, wenn ich dadurch ohnehin das Heil nicht sicher erreiche?
Der Glaube der Israeliten geht aber einen Schritt weiter. Man erkennt die voraussehbaren menschlichen Grenzen. Das umfassende Heil kann nur von Gott kommen, der seinen Bund dann für immer errichten wird. Und zwar durch einen Messias. Darauf hofft das Volk.
Die gute Botschaft von Jesus, dem Retter
Gott hört nicht auf, sein Heilswerk fortzusetzen und weiter zu entwicklen. Diese Überzeugung lebt in den Gläubigen des Alten wie des Neuen Bundes.
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. (Joh 3,16–17)
Jesus ändert nicht wie durch magisches Eingreifen die unmittelbaren Umstände des menschlichen Lebens. Es geht um mehr: Jesus führt die Menschen zu einem Heil, das die Wurzeln des Bösen, der Sünde vernichtet. In ihm handelt Gott hier und jetzt. Das Reich Gottes ist da. Das ist die zentrale Botschaft des Evangeliums.
Die Begegnungen Jesu zeigen die Wirksamkeit eines befreienden Heils, das allen Menschen zugesagt wird.
Die Weite des Heils
Der Ruf Jesu ist nicht an perfekte Menschen adressiert, egal ob Juden, Heiden, Ausgeschlossene, Fremde. Jesus entdeckt in jedem die Fähigkeit, ein besserer Mensch zu werden. Jeder kann neu aufleben vor Gott und den anderen. Jesus eröffnet auf seine Art eine Zukunft für alle, die seinen Ruf hören, auch für alle, die irgendwie am Rand stehen.
Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist. Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist. (Lk 19,9–10)
Die Tiefe des Heils
Voller Hingabe hat Jesus seine Mission erfüllt im Dienst an der Menschenfreundlichkeit Gottes zu allen. Er hat das Leben der Menschen geteilt und selbst Unheil, Ungerechtigkeit, Trauer, Freude und Hoffnung Tag für Tag erlebt.
In seiner Auferstehung sind all diese Erfahrungen und Erlebnisse quasi mit-auferstanden. Die Liebe Gottes umfasst das ganze menschliche Leben und führt es zu einem letztgültigen Heil, das aber schon jetzt beginnt. Die Auferstehung ist schon als Same in das Herz jedes einzelnen Menschen hineingelegt. Die Zeichen und Wunder, die Jesus vollbringt, sind Zeichen des Heiles Gottes.
Einige Zeit später ging er in eine Stadt namens Nain; seine Jünger und eine große Menschenmenge folgten ihm. Als er in die Nähe des Stadttors kam, trug man gerade einen Toten heraus. Es war der einzige Sohn seiner Mutter, einer Witwe. Und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie. Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht! Dann ging er zu der Bahre hin und fasste sie an. Die Träger blieben stehen, und er sagte: Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf! Da richtete sich der Tote auf und begann zu sprechen, und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück. Alle wurden von Furcht ergriffen; sie priesen Gott und sagten: Ein großer Prophet ist unter uns aufgetreten: Gott hat sich seines Volkes angenommen. Und die Kunde davon verbreitete sich überall in Judäa und im ganzen Gebiet ringsum. (Lk 7,11–17)
Was Jesus tut, beeindruckt die Menschen. Alle (!) verherrlichen Gott... Und sie täuschen sich nicht, denn die Kraft, die in Jesus wirkt, kommt von Gott. Indem Jesus sein Engagement, seine Treue und sein Verständnis für die Menschen verwirklicht, führt er zum Vater: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6), sagt Jesus.
Stichwort: Wunder Dieses Wort steht für ein Ereignis, das Erstaunen auslöst. In der Sprache des Neue Testaments wird dies vor allem auf Zeichen bezogen, die Jesus vollbringt, die er aber verweigert, wenn sie ein bloßes Spektakel sein sollen. Er ist aufmerksam gegenüber den Menschen, denen er begegnet und sensibel für ihre verschiedenen Formen von physischer oder moralischer Not. Indem er einige Kranke heilt, macht Jesus aus ihnen keine Privilegierten, sondern er bezeugt die Güte Gottes. Ihre Heilung wird zu einem Zeichen für alle. Gott will alle Menschen retten, erlösen, heilen, und zwar alle, egal wen. Die Wunder, die Jesus vollbringt, führen zu der Frage: Wer ist er eigentlich? (Mt 8,27) Jesus lädt ein, nicht bei den erlebten Fakten stehen zu bleiben, sondern diese in rechter Weise zu deuten und zu erkennen, dass er von Gott gesandt ist. Er ist das lebendige Wort Gottes. Die Wunder sind keine Beweise dafür, dass Menschen an Gott glauben sollen, aber sie sind Zeichen, durch die die Liebe Gottes sich mitteilt. Sie haben eine symbolische Wirkung. Ihre Interpretation führt zu Perspektiven des Glaubens. |
Befreiung und Heil
Um das Heil zu verstehen, ist das Bewusstsein einer Heils-notwendigkeit vorauszusetzen. Man muss verstehen, dass man sein Leben nicht vollständig in der Hand hat, sondern auf andere, auf nicht kontrollierbare äußere Umstände usw. angewiesen ist. Das Leben gelingt nicht aus sich selbst. Es gibt Krankheit, Erschöpfung, Ärger, Hass, Ängste, Arbeitslosigkeit, Ungerechtigkeit usw.
Um in christlichem Sinn gerettet zu werden, braucht es keinen äußeren Befreiungsschlag, sondern vielmehr Offenheit für Gott. Konkret: das Bewusstsein und die Kraft, daran festzuhalten, was der Grund von Freude, Hoffnung, innerem Frieden ist. Und all das wurzelt für Christen im Glauben an Jesus Christus.
Das Heil in Christus steht nicht außerhalb von Raum und Zeit. Es betrifft die Wirklichkeit des Lebens von Frauen und Männern, wo auch immer sie sind.
Das Heil ist angeboten, aber man muss sich auf den Weg zu machen
Jesus sagt zu dem verstorbenen Jüngling von Nain: Junger Mann, steh auf (Lk 7,14) - und dieser beginnt zu sprechen. Das zeigt symbolisch, wie es sich auswirkt, wenn Heil empfangen wird. Es beschränkt sich nicht auf eine Dimension (aufstehen), sondern führt weiter (sprechen). Dieser Mann, der ins Leben zurückkehrt, ist nun aufgefordert, sein alltägliches Leben anzunehmen – und möglichst aus seiner Heilserfahrung heraus zu gestalten.
So soll sich jedes erfahrene Heil auswirken. Zwar hat Jesus bereits das Böse und den Tod überwunden, aber im gesellschaftlichen Zusammenleben heute liegt es in der Mitverantwortung der Christen, dass z.B. Menschen nicht unterdrückt werden.
Gott braucht unsere Mitarbeit. Er herrscht nicht über uns wie über einem Projekt oder über Marionetten. Wenn er uns sein Heil schenkt, dann sollen wir damit Gestalter unseres Lebens sein.
Humanisation und Schöpfung gehören zusammen: Auch das Leben der Erde und der ganzen Welt gehören zu dem Bereich, dem das Heil Gottes gilt. Heute erlauben uns Informations- und Kommunikationsmittel zu erkennen, in welchem Zustand unsere Umwelt ist, und wo die ökologischen Probleme liegen. Der Ruf Gottes, Propheten zu sein, veranlasst Christen dazu, sich einzusetzen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung.
Ein Heil wird in Christus angeboten, ist aber nicht für Christen reserviert
Es ist eine christliche Eigenart, dass man in Erinnerung an Jesus an alle Menschen denkt. Denn er ist gekommen für die Menschen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. (Joh 10,10)
Gott ist der Befreier aller. Davon sind Christen überzeugt: Gläubig oder nicht, egal ob man in der ersten oder letzten Stunde des Lebens zum Glauben findet, jeder Mensch hat die Fähigkeit, sich der Versöhnung und dem Leben mit Gott zu öffnen.
Die Taufe im Namen Christi öffnet uns radikal für die Hoffnung auf Heil und für eine umfassende, niemanden ausschließende Geschwisterlichkeit.
Ein Heil, angeboten für heute und morgen
Das Neue Testament betont in der Ankündigung des Reiches Gottes: Es ist schon da.
Zugleich aber können wir nur hoffen, dass das noch nicht alles ist und die Welt gerechter und menschenfreundlicher wird. Doch vieles liegt auch an uns.
Paulus schreibt in diesem Sinn an die Römer: (Röm 8,18–25)
Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll.Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung:
Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, daß die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, daß wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden. Denn wir sind gerettet, doch in der Hoffnung. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht? Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld.
Für die Christen hat die Geschichte einen Sinn, nämlich so viel Menschlichkeit wie möglich zu verwirklichen. Und auf diesem Weg wird der Mensch wahrhaft „Ebenbild Gottes“. Damit hat die Geschichte – und der Bund mit Gott – einen Sinn darin, dass Menschen „göttlicher“ werden, indem sie Liebe verwirklichen.
Diese Gedanken führen zur Erwartung der Ankunft des Reiches Gottes. Aber dessen Vollendung sowie die Vollendung einer versöhnten Menschheit wird erst jenseits der Geschichte in einem ewigen Leben verwirklicht werden.
ZUR VERTIEFUNG
Zusammenfassend
Was von dem vorher Gesagten ist für Sie besonders interessant?
Vertiefung eines Textes aus dem Evangelium
Man wählt den Bericht einer Begegnung mit Jesus aus, z.B.:
- Die Heilung des Bartimäus (Mk 10,46–52)
- Die Befreiung einer Frau (Joh 8,1–11)
- Vergebung und Heilung eines Gelähmten (Mk 2,1–12)
- Die Heilung eines Blindgeborenen (Joh 5,1–38)
Dazu kommt man ins Gespräch:
Was wird von Jesus erbeten? Von wem? Warum?
Wie zeigt Jesus seine Aufmerksamkeit gegenüber jedem?
Was ergibt sich aus dieser Begegnung?
Gibt es eine Person, in der Sie sich selbst ein wenig erkennen? Auf welche Weise?
Zeichen des Heils heute
Gott beruft uns, eine neue Erde aufzubauen.
Was sind Ihrer Meinung nach Zeichen der Auferstehung und des Heiles in dieser Welt?
Was sollten die Menschen verbessern, um das Heil, das Geschenk Gottes, besser empfangen zu können?
GEBET
Christus, du hast nur uns
Christus, du hast nur unsere Ohren,
um den Schrei unserer Brüder und Schwestern zu hören.
Christus, du hast nur unsere Augen,
die erstrahlen können von deiner Gegenwart in unserem Leben.
Christus, du hast nur unsere Lippen,
um von dir den Menschen von heute zu erzählen.
Christus, du hast nur unsere Hände,
um dein Werk heute zu vollbringen.
Christus, du hast nur unsere Füße,
um die Menschen auf deinem Weg zu begleiten.
Christus, du hast nur unsere Hilfe,
um die Menschen auf deine Seite zu bringen.
Wir sind die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit noch liest.
Wir sind die letzte Botschaft Gottes,
die geschrieben ist in Taten und Worten.
XIV. Jh., anonym