09. DAS GEBET
FÜR DAS GESPRÄCH
was man so sagt
- Wenn ich an einem Gipfel ankomme, kann ich nicht anders als Gott zu loben.
- Warum soll man sich in der Messe manchmal niederknien?
- Ich habe keine Ahnung, wie ich beten kann.
- Irgendwie habe ich keine Zeit zum Beten. Entweder ich denke gar nicht daran oder es kommt etwas dazwischen.
- Ich habe in einem Kloster ein paar Tage verbracht. Das Gebet der Mönche hat mich beeindruckt.
- Für mich ist das Gebet ganz einfach: sich Zeit zu nehmen, um mit Gott zu sprechen und mein Vertrauen in ihn zu erneuern. Es ist auch ein Mittel, um über den Tag nachzudenken und ein Wort Gottes für mein Leben zu finden.
- Ich erlebe das Gebet stärker in Gemeinschaft, besonders wenn man singt.
- Ich habe keine Zeit für das Gebet; und sogar, wenn ich beten will: mir kommt immer irgendetwas dazwischen.
- Wenn ich beten will, fallen mir tausend Dinge ein und ich kann mich überhaupt nicht konzentrieren.
Fragen
- Welche Erfahrungen haben Sie?
- Welche dieser Meinungen ist für Sie besonders interessant - oder zutreffend - oder falsch?
- Meditieren, still sein, sich sammeln, fragen, Kloster, Natur, Gemeinschaft usw.: Was davon bedeutet etwas für Ihr Gebet?
ENTDECKEN
Das Gebet gehört wesentlich zu einem Leben als Christ/in dazu. Wie man betet, kann von Person zu Person sehr verschieden sein: ein persönliches Gebet, das Beten in kleinen Gruppen oder in einer großen Gemeinschaft, jeweils mit eigenen Worten oder mit vorformulierten Gebeten und Texten …
Auch die Gläubigen anderer Religionen beten. Ziemlich ähnlich ist das Beten bei Juden und Muslimen, Buddhisten pflegen eine Praxis der Meditation.
Das jüdische Gebet ist nicht nur eine wie eine innere Einkehr, es ist ein Sich-öffnen, Fragen, Rufen. Es antwortet auf die Initiative Gottes, der sich den Menschen nähert, und bedeutet eigentlich, dass der Bund aktualisiert wird. Denn was wäre das für ein Bund der Liebe, wenn man ihn nicht auch in Worten immer wieder ausdrücken würde! Dabei wird die Anteilnahme an diesem Bund vertrauensvoll bestätigt und bestärkt.
In der jüdisch-christlichen Tradition vollzieht sich die Begegnung zwischen Gott und Mensch in einem gegenseitigen Dialog.
Das Gebet im Alten Testament
Hören
Das ist die Grundhaltung: Beten führt dazu, in sich das Wort Gottes nachklingen zu lassen.
Da kam der Herr, trat (zu ihm) heran und rief wie die vorigen Male: Samuel, Samuel! Und Samuel antwortete: Rede, denn dein Diener hört. (1 Sam 3,10)
Die ganze Bibel ist wie ein Echo auf die Worte: Höre, Israel!
Gott wendet sich an das Volk und an jede/n Einzeln/en.
Antworten
Das Gebet ist Sich-öffnen und Antworten. Die Israeliten entwickeln ihre vielfältigen religiösen Traditionen aus dem Gebet heraus.
Die Psalmen sind eine Sammlung poetischer Gebetstexte. Noch heute sind die 150 Psalmen der Bibel für Juden und Christen konstitutiv und inspirierend, um sich persönlich im Gebet an Gott zu wenden.
Bitte in tiefer Not: Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir: Herr, höre meine Stimme! Wende dein Ohr mir zu, achte auf mein lautes Flehen!
Ich hoffe auf den Herrn, es hofft meine Seele, ich warte voll Vertrauen auf sein Wort. Meine Seele wartet auf den Herrn mehr als die Wächter auf den Morgen. (Ps 130,1-2; 5-6)
Jesus, Mann des Gebets
Das Gebet Jesu wurzelt in der Spiritualität des Alten Testaments, in der er aufwächst. Aber sein absolutes Vertrauen in seinen Vater übersteigt sämtliche Traditionen. Es ist bemerkenswert, auf welch vertrauliche Art und Weise er sich an Gott wendet. Das zeigt seine Nähe zu ihm. Er nennt Gott „Abba“, Vater.
Er sprach: Abba, Vater … (Mk 14,36)
In diesen Tagen ging er auf einen Berg, um zu beten. Und er verbrachte die ganze Nacht im Gebet zu Gott. (Lk 6,12)
Das Neue Testament beschreibt, wie Jesus in der Erfüllung seiner Sendung immer wieder betet, ganz besonders vor Entscheidungen. In schwierigen Momenten betet er mit den Worten von Psalmen. Ein anderes Mal ist er von Gottesfreude schier überwältigt:
In dieser Stunde rief Jesus, vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude aus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. (Lk 10,21)
Das Gebet Jesu hat die Verwirklichung des Reiches Gottes im Blick. In diesem Sinn sind alle Menschen in Jesu Gebetshorizont inbegriffen:
Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.
Aber ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. (Joh 17,19-21)
Jesus lehrt seine Schüler beten
Das Gebet setzt Vertrauen voraus. Jesus lädt seine Schüler ein, Gott grenzenlos zu vertrauen, wie er es macht.
Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. (Mt 7,7)
Und dann gibt Jesus seinen Jüngern verschiedene Orientierungen für das Beten:
Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler. Sie stellen sich beim Gebet gern in die Synagogen und an die Straßenecken, damit sie von den Leuten gesehen werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.
Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.
Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen. Macht es nicht wie sie; denn euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet. (Mt 6,5-8)
Stichwort: Gebetshaltungen Auch in der Körperhaltung drückt sich das Gebet aus. Der Körper ist eine Sprache. Das trifft zu allen Zeiten auf alle Religionen zu. Auch die Christen pflegen verschiedene Körperhaltungen, die Glaubenshaltungen ausdrücken.
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Der Heilige Geist hilft beim Beten
Christsein heißt, sein Leben auf eine bestimmte Art zu gestalten, zu der auch eine spirituelle, geistliche Dimension dazugehört. In diesem Sinn kann man darauf vertrauen, dass Gott seinen Heiligen Geist schenkt. Die Gemeinschaft zwischen Gott Vater, Sohn und Geist öffnet sich auf die Gläubigen und bezieht sie ein. Und damit wirkt sie auch im Herzen des Menschen.
Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: Abba. Vater. (Gal 4,6)
Das christliche Gebet wurzelt in dieser Glaubenswirklichkeit. Der Heilige Geist ist der lebendige Atem des Gebetes, auch wenn man nicht daran denkt. Der Heilige Geist ist imstande, unsere Wünsche zu inspirieren, unsere Egoismen zu überwinden. Das Gebet im Wirken des Geistes wird klar und rein. Es verbindet uns mit dem Gebet Jesu.
Beten lernen besteht weniger im Einüben von Worten, Methoden, Haltungen, sondern ist vielmehr ein Geschmack-gewinnen an Gott, allein oder in Gemeinschaft.
Das Gebet kann sehr unterschiedlich sein: Frage, Lob, Dank, Stille, Hören, Lesen, Lied, Tanz. All das sind Augenblicke der Begegnung, in denen Gott gegenwärtig ist, auch wenn man gar nichts Besonderes spürt. Eine Art Kunst des Gebets ist vor allem die innere Haltung: eine Offenheit, die Begegnung mit Gott, dem Herrn, begünstigt und fördert. Und auch wenn es Zeiten gibt, in denen das Beten nicht so leicht fällt: auf Dauer führt eine Beharrlichkeit im Gebet zu einer wachsenden Freude an Gott – und mit ihm am Leben insgesamt.
Es ist empfehlenswert, sich von Zeit zu Zeit einen Ort zu suchen, um sich zurückzuziehen, auf den Heiligen Geist zu hören und in Stille zu beten.
ZUR VERTIEFUNG
Gespräch über das Gebet
Was möchten Sie nachfragen?
Wie könnte sich das Gebet auf den Glauben auswirken?
Gebet erleben
Welche eigenen bisherigen Gebetserfahrungen waren für Sie gut oder frustrierend?
Was könnte Ihnen beim Gebet helfen?
Möchten Sie eine besondere Gebetserfahrung in Ihrem Katechumenat versuchen?
D.h.: Sie könnten sich ein oder zwei Tage in ein Kloster zurückziehen - oder eine Wallfahrt machen - oder an einer religiösen Versammlung teilnehmen.
Das Vaterunser
Eines Tages haben die Jünger Jesus gebeten: Lehre uns beten. Jesu Antwort darauf war das Vaterunser, das er ihnen und allen Gläubigen ans Herz gelegt hat.
Vater unser im Himmel
Du liebst die Menschen und hast ihnen angeboten, in deinem Bund zu leben. Du bist nahe, zugleich übersteigst du alles, was wir uns vorstellen können. Jesus hat sich an dich gewandt als einer, der „im Himmel“ ist. Das erinnert uns an den Unterschied zwischen dir und uns.
Geheiligt werde dein Name
Dein Name sagt, was du bist. Du bist der Heilige, der Gott, der sich in Jesus Christus offenbart. Unser tiefster Wunsch ist es, dass deine Existenz und deine Gegenwart von allen erkannt wird.
Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden
Herr, unser Gott, wir hoffen, dass unter uns dein Reich der Gerechtigkeit, des Friedens und der Geschwisterlichkeit wächst. Unsere Sehnsucht entspricht dem, was du willst für unser Leben und für diese Welt. Dein Wille ist es auch, dass wir Jesus Christus kennen lernen, deinen Sohn. Er führt die Menschen zur Auferstehung. Er ist Quelle des ewigen Lebens. (Joh 6,38-40).
Unser tägliches Brot gib uns heute
Wir wissen, dass alles Leben von dir kommt. Wir bitten dich, dein Leben in uns jeden Tag zu erneuern. Und natürlich ist es wichtig, dass Menschen Nahrung haben, dass sie Arbeit haben, um ihr tägliches Brot zu verdienen und zu teilen. Jesus sagt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern aus jedem Wort, das aus dem Mund Gottes kommt. (Mt 4,4)
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
Gott Vater, du wirst verletzt durch das Böse, das die Menschen verletzt. Indem wir dich um Verzeihung bitten, anerkennen wir, dass du alle liebst. Indem wir anderen verzeihen, öffnen wir den Weg für ein Miteinander in versöhnter Geschwisterlichkeit.
Und führe uns nicht in Versuchung
Du schenkst die Kraft des Heiligen Geistes. Trotzdem kommen wir in Situationen der Hoffnungslosigkeit, der Mutlosigkeit, der Verzweiflung; oder irgendetwas, das doch deinem Willen widerspricht, scheint uns allzu verlockend … Dann: stärke uns in deinem Heiligen Geist, hilf uns, dir treu zu bleiben, nicht zu fallen oder zu scheitern auf dem Weg zu dir … In der Nachfolge Jesu vertrauen wir dir, dass du uns eine Liebe schenken willst, die alles überwindet, was gegen dich steht.
Sondern erlöse uns von dem Bösen
Das Böse bzw. das Übel, das Unglück begegnet uns in sehr verschiedenen Formen: Krankheit, Hass, Leid, Unglück... Aber Paulus sagt: Nichts kann uns trennen von der Liebe Christi. Davon sind wir Zeugen: Du bist der treue Gott, du bist Gott, der Retter, der uns vom Bösen, von der Sünde, von allem Übel befreit.
Amen
So sei es. So ist es. Ich glaube.
Stichwort: Amen Dieses Wort stammt aus dem Hebräischen und bedeutet: Sicherheit, Gewissheit, Entschiedenheit. Mit Amen zu antworten bekräftigt, was man erfahren hat. Man stimmt zu, man bestätigt, man macht es sich zu eigen: Was gesagt wurde, trifft zu; es ist die Wahrheit. |
Stichwort: Übergabe des Vaterunser Der Weg des Katechumenats beinhaltet auch eine liturgische Feier der Übergabe des Vaterunser. Dies ist ein starkes, erlebbares Zeichen, vor allem wenn man dies in Gemeinschaft feiert, mit dem ein weiterer Schritt hinein in die Gebetsgemeinschaft mit Jesus und seinen Jüngern von heute gesetzt wird. |
GEBET
Ein Symbol
Man kann ein Räuchterstäbchen anzünden oder etwas Weihrauch verwenden:
Dann sich Zeit nehmen, um in den Rauch zu blicken, der aufsteigt;
sich vorstellen, wie ähnlich dem Rauch unser Gebet zu Gott aufsteigt.
Der Heilige Geist betet in uns
Wenn der Heilige Geist kommt, um in einem Menschen zu sein,
wird dieser Mensch selbst zum Gebet.
Denn der Heilige Geist betet in ihm ohne Unterlass.
Sogar wenn er schläft, wacht der Heilige Geist.
In seinem Herzen ist das Gebet immer lebendig.
Wenn er isst, wenn er trinkt, wenn er sich ausruht oder wenn er arbeitet,
steigt aus seinem Herzen Gebet auf wie Weihrauch.
Sein Gebet ist nicht gebunden an eine bestimmte Zeit,
es ist stets gegenwärtig.
Sogar während eines Traumes setzt es sich fort, wenn auch in Verborgenheit.
Denn das Wesen eines Menschen,
der in Gott frei geworden ist,
ist wie Gebet.
Seine Gedanken sind Gott nahe.
Die kleinste Bewegung seines Herzens ist wie eine Stimme,
die still und geheimnisvoll
dem Unsichtbaren ein Lied singt.
Nach: St. Isaac le Syrien, VII. Jh.