07. JESUS VERKÜNDET DIE LIEBE GOTTES UND DAS KOMMEN SEINES REICHES
FÜR DAS GESPRÄCH
was man so sagt
- Will Gott wirklich alle in der Welt lieben, ohne dass Gerechtigkeit verwirklicht wird?
- Alle Menschen sind schlecht. Sie beherrschen sich nur im Allgemeinen.
- Kindesmörder können nicht von Gott geliebt werden.
- Die ganze Welt zu lieben ist unmöglich.
- Mit Gott spricht man von einem Reich der Liebe, aber wo ist es?
- Man muss nicht Christ sein, um Gutes zu tun.
- Sich geliebt zu fühlen ändert das Leben.
- Wozu soll das gut sein, dass Jesus alle zu einer Umkehr ruft?
Fragen
- Welche dieser Meinungen ist für Sie besonders interessant - oder zutreffend - oder falsch? Warum?
- Wie verstehen Sie diesen Satz: Gott liebt alle Menschen?
ENTDECKEN
Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium! (Mk 1,14-15)
Wie kann man diesen Beginn der Botschaft Jesu verstehen?
Zunächst muss man feststellen, dass Jesus nichts vollkommen Neues verkündet hat. Denn schon in der ganzen Bibel erscheint Gott als einer, der die Menschen maßlos liebt:
Der Herr ging an ihm vorüber und rief: Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue. (Ex 34,6)
Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe, gebe ich für dich ganze Länder und für dein Leben ganze Völker. (Jes 43,4)
Jesus verkündet daher keinen neuen, anderen Gott. Im Gegenteil: seine Botschaft bekräftigt die Offenbarung Gottes, der Anteil nimmt an seinem Volk und mitten unter ihm ist. Aber in Jesus wird die Liebe Gottes noch weiter. Das Engagement Gottes für die Menschen wird radikaler, umfassender und endgültiger. Um dies als Frohe Botschaft verständlich zu vermitteln, verwendet Jesus einen bestimmten Stil: Gleichnisse.
Stichwort: Gleichnisse Sie sind manchmal rätselhaft. Sie haben einen tieferen Sinn, aber dahinter steckt kein verborgenes Geheimnis, sondern eine Botschaft, die verständlich ist. Das Wort Gleichnis (parabol) kommt aus dem Griechischen und bedeutet: zur Seite werfen. Denn um den Vergleich zu verstehen, muss man hinter die Wörter gehen, die Oberfläche zur Seite schieben, um das Wesentliche zu entdecken, das eigentlich zeitlos ist. Es handelt sich mehr um ein Verstehen durch Intuition, als durch die Vernunft. Denn Gleichnisse sind eher Geschichten, aber sicher keine wissenschaftlichen Seitenblicke. |
Stichwort: das Reich Gottes (das Königreich Gottes) Jesus verwendet sehr oft dieses bildhafte Wort. In den Evangelien lesen wir Reich, Reich Gottes, Königreich, Herrschaft, König usw.; all das weist auf eine Realität hin, in der die Liebe Gottes das Leben prägt. In diesem liebevollen Sinn kann man Gott als Herrscher bezeichnen, keinesfalls jedoch als Diktator, weil er die Freiheit der Menschen akzeptiert. Indem Jesus das Reich Gottes betont, spricht er von einer Welt des Friedens, der Geschwisterlichkeit und des Glücks für alle. (Das griechische basileia tou Teou kann sowohl mit Reich Gottes, als auch mit Herrschaft Gottes übersetzt werden.) |
Das Reich Gottes – eine Wirklichkeit unter den Menschen
Jesu Botschaft beschränkt sich nicht auf Erkenntnisse und Appelle in Bezug auf die Menschlichkeit. Er lässt uns eine tiefere Wirklichkeit der Gegenwart des Reiches Gottes kennen lernen, die an ihm selbst abgelesen werden kann. Mit ihm, dem Sohn Gottes, wird der Bund endgültig in der Geschichte verwirklicht. Es ist Jesus, durch den das Reich Gottes kommt.
Johannes der Täufer ist der Prophet, der das Kommen Jesu vorbereitet, des Messias, der von den Nachkommen Abrahams erwartet wird.
Als die Boten des Johannes weggegangen waren, begann Jesus zu der Menge über Johannes zu reden; er sagte: Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt? Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Leute, die vornehm gekleidet sind und üppig leben, findet man in den Palästen der Könige. Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Propheten? Ja, ich sage euch: Ihr habt sogar mehr gesehen als einen Propheten. Er ist der, von dem es in der Schrift heißt: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen. (Lk 7,24–27)
Aber Jesus muss erleben, dass die Menschen andere Vorstellungen haben. Sie kommen gern zu Jesus, wenn er heilt und vom Reich Gottes spricht. Wenn dies aber nicht in das gewohnte Schema passt, wird es schwierig.
Mit wem soll ich also die Menschen dieser Generation vergleichen? Wem sind sie ähnlich? Sie sind wie Kinder, die auf dem Marktplatz sitzen und einander zurufen: Wir haben für euch auf der Flöte Hochzeitslieder gespielt, und ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen, und ihr habt nicht geweint. Johannes der Täufer ist gekommen, er isst kein Brot und trinkt keinen Wein, und ihr sagt: Er ist von einem Dämon besessen. Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt; darauf sagt ihr: Dieser Fresser und Säufer, dieser Freund der Zöllner und Sünder! Und doch hat die Weisheit durch alle ihre Kinder Recht bekommen.
(Lk 7,31–35 )
Man kann es den Menschen nie Recht machen. Sie erkennen die Situation nicht, sondern bleiben bei ihren vorgefassten Meinungen ... Außer: sie sind, wie Jesus sagt, Kinder der Weisheit. Denn sie erkennen die Wirklichkeit, akzeptieren Veränderungen, bleiben offen für die stets neue Gegenwart.
In Bezug auf Jesus erkennen sie die Kraft, die ihn antreibt, und die er von Gott empfangen hat.
Für andere hingegen ist die Wirklichkeit des Reiches Gottes nicht erkennbar. Sie erwarten immer eine viel spektakulärere Etablierung des Reiches nach ihren Vorstellungen – mit eindrucksvollen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen.
Das Reich Gottes – eine Wirklichkeit, die man entdecken muss
Man könnte denken, dass das Reich Gottes durch viele Anstrengungen und makellose moralische Verhaltensweisen errichtet wird. Aber Jesus macht sich keine Illusionen über die moralischen Stärken und Schwächen seiner Zuhörer/innen. Er wendet sich an ihre Haltungen des Glaubens.
Und dann, nach Zeichen, Wundern, vielen Reden vor begeisternden Zuhörern, wird Jesus zurückgewiesen. Seine Art, wie er Messias ist, führt zum Misserfolg. Dennoch: das ist kein Scheitern, weil er bis zur letzten Konsequenz das Reich Gottes bezeugt: im Verzeihen am Kreuz, durch die Auferstehung. Jesus macht die Wirklichkeit des Reiches Gottes gegenwärtig. Aber nur mit den Augen des Glaubens kann man das erkennen, sowohl bei Jesus, als auch im Leben von Menschen, die heute das Reich Gottes aufbauen.
Das Reich Gottes – eine Wirklichkeit für uns
Wenn der Eintritt in das Reich Gottes Glaube und Umkehr voraussetzt, ist er dann nicht reserviert für die Jünger Jesu?
Das Evangelium vermittelt jedoch die Überzeugung, dass Gott alle Menschen liebt. Er ruft alle, gemäß seiner Liebe zu leben, ein Leben lang. Und alle können Anteil nehmen und mitbauen an einer Welt der Gerechtigkeit und des Friedens.
Im Gleichnis vom Sämann (Mt 13,24ff) bleibt offen, welcher Mensch wie der fruchtbare Boden ist, auf dem die Saat des Reiches Gottes aufgeht. Und Jesus erzählte ihnen noch ein anderes Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte…
Die Christen verstehen, dass mit dem „Sämann“ Gott gemeint ist, der Samen der Liebe und seines Reiches großzügig, ja verschwenderisch austeilt. In diesem Sinn ist das Reich Gottes gegenwärtig, aber oftmals als Samenkorn. Ein solcher Samen ist im Herzen jedes Menschen vorbereitet. Das Reich Gottes kann wachsen und groß werden, wo es förderliche Bedingungen vorfindet. Und jeder Mensch kann es in seiner Freiheit empfangen.
ZUR VERTIEFUNG
Das Gleichnis der Fürsorge Gottes
Was meint ihr? Wenn jemand hundert Schafe hat und eines von ihnen sich verirrt, lässt er dann nicht die neunundneunzig auf den Bergen zurück und sucht das verirrte? Und wenn er es findet – amen, ich sage euch: er freut sich über dieses eine mehr als über die neunundneunzig, die sich nicht verirrt haben. So will auch euer himmlischer Vater nicht, dass einer von diesen Kleinen verlorengeht. (Mt 18,12–14)
Wo können Sie eine solche Fürsorge Gottes ahnen?
Gibt es in Ihrem Leben Situationen, bei denen Sie das Gefühl hatten, dass Sie verloren oder wiedergefunden wurden? Versuchen Sie, das zu beschreiben.
Das Gleichnis vom Wachstum des Reiches Gottes
Er sagte: Wem ist das Reich Gottes ähnlich, womit soll ich es vergleichen? Es ist wie ein Senfkorn, das ein Mann in seinem Garten in die Erde steckte; es wuchs und wurde zu einem Baum, und die Vögel des Himmels nisteten in seinen Zweigen.
Außerdem sagte er: Womit soll ich das Reich Gottes vergleichen? Es ist wie der Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischte, bis das Ganze durchsäuert war.
(Lk 13,20-21)
Auch wenn das Reich Gottes unscheinbar erscheint, ist es darauf angelegt zu wachsen und Bedeutung für das Leben vom jedem zu haben.
Verdeutlichen diese Gleichnisse Ihrer Meinung nach, was das Reich Gottes bedeutet?
Haben Sie den Eindruck, dass das Reich Gottes wächst bzw. wachsen könnte? Wie?
GEBET
In einem Augenblick der Stille können Sie an all jene denken, die Ihnen nahe sind in der Arbeit, in der Nachbarschaft, in Ihren Beziehungen.
Versuchen Sie, sich den liebenden Blick Gottes auf Ihr Leben vorzustellen. Welche Gedanken kommen Ihnen dabei?
Wer ist Gott, dass er uns so sehr liebt, uns Söhne und Töchter der Erde?
Wer ist Gott, so hilflos, so groß, so verwundbar?
Wer ist Gott, der so bedingungslos Liebe schenkt?
Wer ist Gott, der sich finden lässt von einem bescheidenen Herzen?
Wer ist Gott, der an unserer Seite geht?
Wer ist Gott, der immer wieder neu auf uns zukommt?
Wer ist Gott, den niemand lieben kann, wenn er nicht zugleich die Menschen liebt?
Wer ist Gott, den man zugleich verletzt, wenn man Menschen verletzt?
Wer ist Gott, der uns liebt?
Wer ist Gott, der uns lieben lehrt?
nach: J. Servel, Chants notés, Qui est donc Dieu?