06. WER IST JESUS?
FÜR DAS GESPRÄCH
was man so sagt
- Jesus war ein Pazifist und ein Träumer und ein wenig verrückt.
- Da ist jemand bis ans Ende seiner Ideen gegangen.
- Jesus, das ist Gott unter uns.
- Warum spricht man noch heute von ihm?
- Mich interessiert Gott, nicht Jesus.
- Ich verstehe nicht, warum Gott einen Jesus gebraucht hat, um sich bekannt zu machen und um uns zu retten.
- Jesus ist ein erfolgreicher Guru.
- Jesus hat vor Jahrhunderten an einem ganz anderen Ort gelebt. Warum soll das noch heute und für die ganze Welt interessant sein?
- Die Geschichten sind doch nicht glaubwürdig. Das Evangelium ist voller Wunder, das ist ein Märchenbuch.
Fragen
- Welche dieser Meinungen ist für Sie besonders interessant - oder zutreffend - oder falsch? Warum?
ENTDECKEN
Es ist schon eine abenteuerliche Erzählung, dass Gott als Mensch auf dieser Erde gelebt hat, und zwar vor ziemlich genau 2000 Jahren in einem ganz bestimmten Land. Was macht es glaubhaft, dass Jesus tatsächlich Gott zeigt, den Vater aller Menschen?
Der Weg des Christen ist es, Jesus zu begegnen, der von sich selbst gesagt: Ich bin der Weg. (Joh 14,6)
Er wird Jesus genannt
Das bedeutet Gott rettet. Sein Name ist bereits Programm, eine Aufgabe, die erfüllt werden soll. Er wird in Betlehem in Judäa geboren, ein paar Kilometer südlich von Jerusalem. Seine Eltern, Josef und Maria, wohnen in Nazaret in Galiläa. Jesus hat den Beruf eines Zimmermanns ausgeübt, bis er ungefähr 30 Jahre alt war. Er hat das Alltagsleben mit seinen Zeitgenossen geteilt und war sehr aufmerksam gegenüber den Dingen des täglichen Lebens.
Jesus hat wirklich gelebt
Einige Historiker der ersten Jahrhunderte bestätigen die Existenz von Jesus (Tacitus, Sueton, Plinius und Flavius Josephus), ohne aber im Weiteren daran zu glauben, dass Jesus Sohn Gottes ist.
Es sind die Evangelien, die eine wesentliche Quelle darstellen, um Jesus kennenzulernen. Sie wurden von verschiedenen Autoren geschrieben und berichten über das Leben Jesu und von seiner innigen Vertrautheit und Beziehung zu Gott, die so nahe war, wie sie nur dem Verhältnis eines Sohnes zu seinem Vater entspricht.
Jesus ist ein gläubiger Jude
Wie viele Juden kennt er die Psalmen auswendig (Gebete, die im Alten Testament gesammelt sind). Am Tag des Sabbat geht er - als Kind noch mit seinen Eltern - in die Synagoge. Jedes Jahr feiert er das Pascha als Erinnerung an die Befreiung seines Volkes durch den Auszug aus Ägypten (Exodus). In ihren Gebeten bleibt für die Juden gerade dieses Ereignis lebendig. Es verdeutlicht auf ganz besondere Weise, was Gott für sie und mit ihnen getan hat.
Jesus ist Kind seiner Zeit und seiner Umwelt. Er hat Anteil am Glauben und an der Sprache des Volkes Abrahams. Er hat die Tora empfangen (ein anderer Name für die jüdische heilige Schrift). Er entdeckt seine Berufung inmitten seines Volkes, wo sich seine eigene Mission vollzieht.
Jesus fordert Menschen auf, ihm zu folgen
Nach 30 Jahren alltäglichem Leben in Nazaret verlässt Jesus sein Haus. Er lässt sich in der Nähe, am Rand des Sees von Tiberias in Karpharnaum nieder und fordert zwölf Freunde auf, ihm zu folgen. Er nennt sie Apostel, d.h. Gesandte. Die Zahl 12 erinnert an die zwölf Stämme Israels und symbolisiert das Volk Gottes, das Jesus erneut sammeln will. Mit ihnen durchwandert er das Land, um die Liebe Gottes zu verkünden und zur Umkehr aufzurufen. Die Apostel werden zu privilegierten Zeugen für das, was alles im Verlauf der drei Jahre des öffentlichen Lebens Jesu geschieht.
Nach seinem Tod werden sie als Gesandte Jesu seinen Auftrag weiterführen, indem der Heilige Geist sie führt. Sie werden seine Botschaft bis zu den Enden der Erde tragen (Apg 1,8). Mit ihnen entsteht die Kirche. Heute beruht unser Glaube auf ihrem Zeugnis.
Jesus offenbart das wahre Gesicht Gottes
Die Menschen haben bestimmte Vorstellungen von Gott, die von Traditionen und früheren Erfahrungen geprägt sind. Aber Jesus stellt diese in Frage, ja er bestreitet den Sinn so mancher religiösen Gewohnheit, die hohl geworden ist, weil sie nicht mehr die Liebe Gottes ausdrückt, um die es eigentlich geht. In diesem Zusammenhang ist seine Botschaft befreiend für alle, die sich von einem Gesetz unterdrückt fühlen, das oft nur mehr auf Äußerlichkeiten achtet.
Wie Gott sieht Jesus auf den Grund der Herzen. Das ist eine der vielen Weisen, in denen Gott und Jesus einander so ähnlich sind. Aufgrund dieser und anderer Beobachtungen sind Christen davon überzeugt, dass zwischen ihm und Gott ein totales Vertrauen und Einheit herrscht, und sie erkennen darin, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Der Evangelist Johannes bekräftigt: Ich kenne ihn, weil ich von ihm komme und weil er mich gesandt hat. (Joh 7,29)
Jesus begnügt sich also nicht damit, als Prophet das Wort Gottes weiterzugeben. Er ist selbst lebendiges Wort, das Wort Gottes, das wahre Angesicht Gott des Vaters, der in ihm seine Gegenwart inmitten der Menschen lebt.
Stichwort Inkarnation: Der Sohn Gottes hat sich inkarniert, d.h. er ist Fleisch geworden. Damit wird ausgedrückt: Der Sohn Gottes ist Mensch unter Menschen geworden und hat unter ihnen wie ein Mensch gelebt. „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,14) |
„Bist du derjenige, der kommen soll oder sollen wir auf jemanden anderen warten?“ (Mt 11,3)
Diese Frage Johannes des Täufers fasst die Fragen der Juden in Bezug auf Jesus zusammen. Alle erwarten einen Gesandten Gottes, der würdig ist, gesalbt zu werden, und damit das Symbol des Heiligen Geistes Gottes empfängt. Der Titel Messias auf Hebräisch oder Christ im Griechischen bedeutet: der Gesalbte, der Geheiligte.
Jesus ist für die Christen der von den Propheten angekündigte Messias. Allerdings wird er von seinen Zeitgenossen anders gesehen und anders verstanden bzw. missverstanden und angefeindet. Denn entsprechend unterschiedlicher Messiaserwartungen sehen ihn einige als religiösen oder politischen Anführer, der die nationale Autonomie wiederherstellen soll. Dazu antwortet Jesus: Mein Reich ist nicht von dieser Welt (Joh 18,36). Völlig außerhalb der üblichen Vorstellungen aber ist ein Messias, der verwundbar ist, der leidet und am Kreuz stirbt.
Die Christen kennen Jesus durch das Evangelium
Jesus und jene, die mit ihm gegangen sind, haben keine schriftlichen Berichte im Neuen Testament hinterlassen. Diese sind erst nach einer längeren mündlichen Überlieferung nach dem Tod Jesu entstanden, und zwar zwischen den Jahren 70 und 100. Die vier Evangelisten – Matthäus, Markus, Lukas und Johannes – haben das geschrieben, was ihnen wichtig war, dass man sich daran erinnert. Die Evangelien sind deshalb keine historischen Bücher in strengem Sinn. Sie sehen die Worte und Taten Jesu, sein Leben, Sterben und Auferstehen als die Botschaft Gottes, mit der dessen Verheißungen erfüllt werden. Dabei wenden sich die Evangelisten an Gläubige verschiedener Herkunft.
Deshalb hat jedes Evangelium seine Eigenheiten.
- Matthäus schreibt in Syrien und Palästina für die Christen, die aus dem Judentum kommen, um 80.
- Markus, Schüler des Petrus, schreibt in Rom für frühere Heiden, die aus der römischen Kultur stammen, um 70.
- Lukas, Schüler des Paulus, schreibt in Antiochia für Gemeinden mit griechisch-kulturellem Hintergrund, 80–90.
- Johannes schreibt für eine Gemeinde der Epheser und bezieht sich viel auf die griechische Philosophie, zwischen 80 und 100.
Wenn man die Evangelien liest, wird man nicht nur über das Leben Jesu informiert. Man entdeckt die Botschaft von einem entschiedenen Engagement Gottes in der Geschichte. Und das ist noch immer aktuell. Bis zum Ende der Zeiten betreffen diese Erinnerungen alle, die Gott suchen und die an Jesus glauben. Heute wie gestern lernen die Christen hier Jesus kennen, den Sohn Gottes.
ZUR VERTIEFUNG
Wer ist Jesus?
Was von dem zuvor Gesagten hilft Ihnen bei einer Antwort auf diese Frage?
Das Leben Jesu gemäß dem Evangelium
Lesen Sie ein Evangelium im Gesamten (am besten das Markus-Evangelium)
oder schauen Sie sich den Film "Jesus von Nazareth" nach Franco Zefirelli an (4 Teile).
Besprechen Sie miteinander:
das Verhalten Jesu in Zusammenhang mit seiner Familie, seiner Religion, der Gesellschaft seiner Zeit;
die Botschaft, die er vermitteln will;
was Sie überrascht oder verwirrt;
was Jesus selbst über seine Beziehung zu Gott sagt.
Jesus ist der angekündigte Messias
Zur Zeit des Propheten Jesaja (736-716 v.Chr.) wird das Reich Israel mit der Hauptstadt Jerusalem von einem Königtum regiert, das von Vater zum Sohn weitergegeben wird. Aber Jesaja stellt fest, dass die Könige zwar politisch regieren, nicht jedoch das Volk gemäß dem Bund mit Gott führen. Jesaja ist hoch angesehen und seine Kritik wird durchaus ernst genommen, auch wenn das oft wenig ändert. Er ist zugleich ein Prophet der Hoffnung, indem er das Volk an den Bund mit Gott und an dessen Treue erinnert: Gott wird den wahren Messias senden.
Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf. Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude. Man freut sich in deiner Nähe, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird.
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens. Seine Herrschaft ist groß, und der Friede hat kein Ende. Auf dem Thron Davids herrscht er über sein Reich; er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit, jetzt und für alle Zeiten. Der leidenschaftliche Eifer des Herrn der Heere wird das vollbringen.
(Jes 9,1-2.5-6)
- Was sagt Ihnen dieser Text für Ihre persönlichen Erwartungen in Bezug auf Jesus?
- Warum halten die Christen so sehr an der Erinnerung an Jesus fest?
GEBET
Mit den Worten des Apostels Paulus kann man Gott um die Kraft des Heiligen Geistes bitten, damit Christus durch den Glauben in unseren Herzen lebt:
Daher beuge ich meine Knie vor dem Vater, nach dessen Namen jedes Geschlecht im Himmel und auf der Erde benannt wird, und bitte, er möge euch aufgrund des Reichtums seiner Herrlichkeit schenken, dass ihr in eurem Innern durch seinen Geist an Kraft und Stärke zunehmt. Durch den Glauben wohne Christus in eurem Herzen. In der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet, sollt ihr zusammen mit allen Heiligen dazu fähig sein, die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu verstehen, die alle Erkenntnis übersteigt. So werdet ihr mehr und mehr von der ganzen Fülle Gottes erfüllt. Er aber, der durch die Macht, die in uns wirkt, unendlich viel mehr tun kann, als wir erbitten oder uns ausdenken können, er werde verherrlicht durch die Kirche und durch Christus Jesus in allen Generationen, für ewige Zeiten. Amen. (Eph 3,14-21)