03. GOTT OFFENBART SICH IN DER GESCHICHTE EINES VOLKES
FÜR DAS GESPRÄCH
was man so sagt
- Die Bibel ist ein Buch der Menschheitsgeschichte.
- Warum soll Gott sich ausgerechnet einem bestimmten Volk – den Israeliten – und ihren Nachkommen zugewendet haben?
- Die Bibel sagt nichts besonders Interessantes über Gott. Das sind Geschichten aus der Sicht der Menschen. Und manches ist doch wohl ein Märchen.
- Für die Christen könnte die Bibel reduziert werden auf das Neue Testament oder gleich auf die Evangelien, das würde genügen.
- Gott ist eine Erfindung der Menschen, eine Projektion ihrer Sehnsucht nach Unsterblichkeit.
- Die Bibel ist wie eine Quelle: Man kann immer daraus schöpfen und ein Wort für sich finden.
- Warum spricht Gott nicht deutlicher? Man könnte meinen, er will gar nicht, dass man ihn versteht. Aber was bringt das dann?
- Die Bibel ist das meistgelesene Buch auf der Welt.
Fragen
- Welche dieser Meinungen ist für Sie besonders interessant - oder zutreffend - oder falsch? Warum?
- Was kennen Sie schon von der Bibel?
ENTDECKEN
Das Alte Testament
Warum soll man sich dafür interessieren? Ganz einfach, weil es unsere Geschichte ist. Männer und Frauen machen sich auf den Weg, um entlang ihrer menschlichen Erfahrungen die Spuren Gottes, der sie begleitet, zu suchen und zu finden.
Die biblischen Texte sind keine Diktate, die direkt von Gott eingegeben wurden. Es sind Schriften von Gläubigen, die in ihrer Zeit und in ihrer Umwelt das Wirken Gottes so verstanden haben, wie sie es dann überliefert haben.
Jedenfalls: Gott lässt sich erfahren. Wir können ihn in der Bibel entdecken gemäß dem Niveau von Menschen jener Zeiten, die bezeugen, was Gott von sich sagt und ahnen lässt. Das bedeutet aber auch: je besser man jene Zeiten kennt, desto hilfreicher wird dies für das immer tiefere Verstehen der einzelnen Mitteilungen, die Gott uns dabei zukommen lässt.
Und weil Gott dies Gläubigen zu anderen Zeiten mitgeteilt hat, wird er dies auch heute fortsetzen.
Stichwort: Testament Dieses Wort hat eine andere Bedeutung als in unseren heutigen Sprachgewohnheiten. Es kommt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie Bund. Die Bibel ist eine Zusammenstellung der Bücher, die die Bundes-Beziehung Gottes mit seinem Volk zur Sprache bringen. Die Christen glauben, dass dieser Bund sich in Jesus Christus erfüllt. |
Der Gott der Christen ist der Gott, der sich in der Geschichte eines Volkes offenbart
Für die Christen ist die Offenbarung Gottes eingeschrieben in die Geschichte eines bestimmten Volkes, des Volkes Israel. In anderen Religionen ist das Erkennen Gottes verbunden mit bestimmten Orten, heiligen Wäldern, Quellen, Bergen oder es ist bezogen auf eine bestimmte Person, z.B. einen Propheten, der den Willen Gottes mitteilt und weitergibt; so etwa Mohammed (geboren 570) für den Islam.
Niemand hat Gott gesehen, sagt das Johannes-Evangelium (Joh 1,18). Wir sind darauf angewiesen, uns ein Bild von ihm zu machen entlang der Hinweise, die uns andere geben, die Zeugen des Glaubens sind. Durch die Zeit hindurch begegnen wir in diesem Sinn in den Schriften des Alten Testaments den Gläubigen des Volkes Israel.
Aber diese Texte werden für uns kein Ort der Offenbarung Gottes, wenn wir nicht selbst daran glauben. Es gilt, diese nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern ihre Botschaft zu sich sprechen zu lassen und sich darum zu bemühen, ihren Sinn auch für das eigene Leben zu entdecken.
Denn niemand kann sich beim Kennenlernen Gottes von anderen vertreten lassen. Dies ist eine zutiefst persönliche Erfahrung jedes Einzelnen.
Die Bibel, eine ganze Bibliothek
Eine Bibliothek mit zwei Abteilungen:
Das Alte Testament: Das sind jene Bücher, die vor Jesus geschrieben wurden.
Das Neue Testament: Bücher, die nach Jesus geschrieben wurden.
Altes Testament:
Die fünf Bücher des Mose:
- Das Buch Genesis
- Das Buch Exodus
- Das Buch Levitikus
- Das Buch Numeri
- Das Buch Deuteronomium
Die Bücher der Geschichte des Volkes Gottes:
- Das Buch Josua
- Das Buch der Richter
- Das Buch Rut
- Das erste Buch Samuel
- Das zweite Buch Samuel
- Das erste Buch der Könige
- Das zweite Buch der Könige
- Das erste Buch der Chronik
- Das zweite Buch der Chronik
- Das Buch Esra
- Das Buch Nehemia
- Das Buch Tobit
- Das Buch Judit
- Das Buch Ester
- Das erste Buch der Makkabäer
- Das zweite Buch der Makkabäer
Die Bücher der Weisheit und die Psalmen
- Das Buch Ijob
- Die Psalmen
- Das Buch der Sprichwörter
- Das Buch Kohelet
- Das Hohelied
- Das Buch der Weisheit
- Das Buch Jesus Sirach
Die Bücher der Propheten:
- Jesaja
- Jeremia
- Die Klagelieder
- Baruch
- Ezechiel
- Daniel
- Hosea
- Joel
- Amos
- Obadja
- Jona
- Micha
- Nahum
- Habakuk
- Zefanja
- Haggai
- Sacharja
- Maleachi
Neues Testament:
Die Evangelien
- Das Evangelium nach Matthäus
- Das Evangelium nach Markus
- Das Evangelium nach Lukas
- Das Evangelium nach Johannes
Die Apostelgeschichte
Die Paulinischen Briefe
- Der Brief an die Römer
- Der erste Brief an die Korinther
- Der zweite Brief an die Korinther
- Der Brief an die Galater
- Der Brief an die Epheser
- Der Brief an die Philipper
- Der Brief an die Kolosser
- Der erste Brief an die Thessalonicher
- Der zweite Brief an die Thessalonicher
- Der erste Brief an Timotheus
- Der zweite Brief an Timotheus
- Der Brief an Titus
- Der Brief an Philemon
- Der Brief an die Hebräer
Die Katholischen Briefe
- Der Brief des Jakobus
- Der erste Brief des Petrus
- Der zweite Brief des Petrus
- Der erste Brief des Johannes
- Der zweite Brief des Johannes
- Der dritte Brief des Johannes
- Der Brief des Judas
Die Offenbarung des Johannes (Apokalypse)
Das Zeugnis des Alten Testaments
Die Erzählungen des Alten Testaments sind keine Reportagen. Kein Text kann wortwörtlich genommen werden. Es handelt sich um die Entwicklungsgeschichte eines Glaubens, der sich nach und nach entfalten und klären musste, um schließlich mit fortschreitender „Sicherheit“ ausgedrückt zu werden. Der Glaube an den einen Gott hat sich von Erfahrung zu Erfahrung, von Umkehr zu Umkehr entwickelt. Und im Lauf der Zeit hat man auch ältere Überlieferungen neu verstanden und neu gedeutet – entsprechend jener Erfahrungen, die man in der Zwischenzeit gemacht hat.
Die Anfänge des Volkes beginnen mit einer Befreiung. Die Israeliten waren Sklaven der Ägypter. Um 1250 v. Chr. versteht Moses, dass Gott ihn berufen hat, das Volk in die Freiheit zu führen und eine neue Zukunft für die Nachkommen Abrahams zu eröffnen.
Das wird im Buch Exodus berichtet. Und daran soll man sich immer wieder erinnern. Denn diese Befreiungstat, die entgegen allen Wahrscheinlichkeiten gelungen ist, begründet das Vertrauen und die Liebe zu Gott und bildet eine wesentliche Säule des Glaubens der Israeliten.
Deshalb, Israel, sollst du hören und darauf achten, (alles, was der Herr, unser Gott, mir gesagt hat,) zu halten, damit es dir gut geht und ihr so unermesslich zahlreich werdet, wie es der Herr, der Gott deiner Väter, dir zugesagt hat, in dem Land, wo Milch und Honig fließen. Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst sie deinen Söhnen wiederholen. Du sollst von ihnen reden, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst. (Deut 6,3-7)
Dieser spektakuläre Anfang garantiert nicht, dass es keine Zeiten des Zweifels und der Untreue gegenüber dem einzigen Gott gibt. Das Volk wandert zunächst lange Jahre durch Wüsten und Steppen, es wird gleichsam auf die Probe gestellt.
Immer wieder braucht es Zeichen, dass es doch der richtige Weg ist. Dann schenkt Gott sein Gesetz, ein Gesetz, das wie ein Bundesschluss verfasst ist. Es soll in die Herzen geschrieben werden. Und es gilt dem Volk, das sich dadurch immer mehr als Glaubensgemeinschaft verstehen soll. Das Wort Gottes führt zu einem Leben in Gemeinschaft. Dabei lernen die Menschen, miteinander zu leben im Respekt vor der Würde jedes einzelnen.
Schon zu Beginn hat sich der Glaube des Volkes Israel von anderen Religionen unterschieden. Das Wesentliche besteht nämlich nicht in Opfern oder Riten, die durch Menschen vollbracht werden. Vielmehr vollzieht sich der Glaube durch eine Haltung des Empfangens und des Dankes – und weiß sich zur Dankbarkeit verpflichtet, die sich in der Solidarität mit den anderen auswirkt.
Stück für Stück geht das Volk voran auf dem Weg der Verheißungen Gottes. Sie gewinnen ein Land. Sie ordnen ihre religiösen Traditionen. Aus einem Nomadenstamm wird ein sesshaftes Volk. Sie geben sich einen König, der als Repräsentant Gottes und als Garant ihrer Identität und ihrer Einheit angesehen wird. Und obwohl die einzelnen Mitglieder des Volkes nicht immer eins sind, lässt der historische Erfolg daran denken, dass sich die Verheißungen verwirklichen.
Es ist vielleicht schon gut, sagen die Propheten, aber Achtung, es gibt ein beständiges Risiko: dass man glaubt, angekommen zu sein und dabei zu vergessen, woher dieses Volk und seine Kraft stammt – nämlich von Gott. In diesem Zusammenhang werden die Propheten zur Stimme Gottes gegenüber dem Volk.
Der Glaube aber ist keine Versicherung gegenüber historischen Entwicklungen. Die Teilung des Volkes Israel in ein Nord- und ein Südreich, die Eifersucht der Nachbarvölker, Naturkatastrophen usw. machen die Entwicklung manchmal chaotisch. Die Existenz des Volkes wird mehrmals bedroht. Die Verwirklichung der Verheißungen Gottes ist oft weit weg.
Im Lauf der Jahrhunderte präzisiert sich der Glaube: Gott ist treu, er begleitet sein Volk und geht mit ihm, egal, was passiert. Mit Gott macht das Volk die Erfahrung einer Hoffnung, die sich immer wieder erneuert, sogar im Anblick der Ruinen von Jerusalem. Diese Hoffnung richtet sich vermehrt auf die Wiederkunft eines Gesandten von Gott, durch den die Verheißungen neu erfüllt werden. In ihm ist das Heil der Menschen.
Ein Buch der Gläubigen
Der Gott Abrahams, des Mose und der Propheten: das ist unser Gott. Er offenbar sich Schritt für Schritt in unserer eigenen Geschichte, so wie er sich in der Geschichte des Volkes Gottes gezeigt hat – vom Exodus bis zur Ankunft Christi. Für die Gläubigen ist die Überzeugung fundamental: Es ist der Heilige Geist, der das Volk durch die Zeiten führt, bereits vor der Ankunft Jesu und auch danach.
Die Bibel hat einen wichtigen Platz im christlichen Leben. Sie wird persönlich oder in Gruppen gelesen. Im Gottesdienst werden die Texte des Alten und Neuen Testaments als Worte Gottes vorgetragen und erläutert.
Die Bibel ist einerseits sicher eine alte Geschichte. Sie spricht von unseren Vorfahren, das ist richtig. Andererseits ist sie auch und vor allem ein Wort für heute, ein Licht, ein Ruf, eine Inspiration. Sie ermöglicht uns, uns besser zu orientieren für ein Leben aus dem Geist Gottes. Das Wort, das uns durch die Bibel erreicht, offenbart uns, wer wir sind.
Die Christen verstehen das Neue Testament als Schlüssel für die Interpretation und die Vollendung des Alten Testaments. Tatsächlich verwirklichen sich die Verheißungen, die Gott seit dem Alten Bund schenkt in Jesus Christus.
ZUR VERTIEFUNG
Die Bibel
Bringen Sie ein oder zwei Bibeln zu einem Treffen mit:
- Lassen Sie durchblättern
- Geben Sie eine Übersicht über die Titel der Bücher und die Einteilungen in Kapitel und Verse
- Weisen Sie hin auf die verschiedenen literarischen Gattungen: Erzählungen, Reflexionen, Mahnungen, Gebete und Gedichte usw.
Einen Gesamtblick gewinnen
Ausgehend von dem, was schon unter ENTDECKEN geschrieben steht:
- Wofür sind Sie besonders aufmerksam?
- Können Sie sich vorstellen, dass Gott sich in der Geschichte eines konkreten Volkes, in der Geschichte von einzelnen Menschen offenbart?
- Auf welche Art könnte das Ihrer Meinung nach sein?
- Wie könnte ein Lesen der Bibel ein Weg sein, das Wort Gottes zu hören?
- Für die Begleiter: Was ist Ihre persönliche Erfahrung mit der Bibel?
Ein Text aus dem Alte Testament
Dieses Gebot, auf das ich dich heute verpflichte, geht nicht über deine Kraft und ist nicht fern von dir. Es ist nicht im Himmel, so dass du sagen müsstest: Wer steigt für uns in den Himmel hinauf, holt es herunter und verkündet es uns, damit wir es halten können? Es ist auch nicht jenseits des Meeres, so dass du sagen müsstest: Wer fährt für uns über das Meer, holt es herüber und verkündet es uns, damit wir es halten können? Nein, das Wort ist ganz nah bei dir, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen, du kannst es halten.
Hiermit lege ich dir heute das Leben und das Glück, den Tod und das Unglück vor. Wenn du auf die Gebote des Herrn, deines Gottes, auf die ich dich heute verpflichte, hörst, indem du den Herrn, deinen Gott, liebst, auf seinen Wegen gehst und auf seine Gebote, Gesetze und Rechtsvorschriften achtest, dann wirst du leben und zahlreich werden, und der Herr, dein Gott, wird dich in dem Land, in das du hineinziehst, um es in Besitz zu nehmen, segnen.
Wenn du aber dein Herz abwendest und nicht hörst, wenn du dich verführen lässt, dich vor anderen Göttern niederwirfst und ihnen dienst - heute erkläre ich euch: Dann werdet ihr ausgetilgt werden; ihr werdet nicht lange in dem Land leben, in das du jetzt über den Jordan hinüberziehst, um hineinzuziehen und es in Besitz zu nehmen.
Den Himmel und die Erde rufe ich heute als Zeugen gegen euch an. Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen. Liebe den Herrn, deinen Gott, hör auf seine Stimme, und halte dich an ihm fest; denn er ist dein Leben. Er ist die Länge deines Lebens, das du in dem Land verbringen darfst, von dem du weißt: Der Herr hat deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen, es ihnen zu geben.
(Deut 30,11-20)
- Vertiefen Sie einen Text aus dem Buch Deuteronomium (das heißt: „zweites Gesetz“). Darin sind die Belehrungen Mose über die Wichtigkeit, dem Bund treu zu bleiben und auf die Stimme Gottes zu hören, zusammengestellt: Das Wort Gottes ist ganz nah dem Herzen der Menschen und das allein ist schon faszinierend. Es bewirkt, dass man zurückkehrt zur Heiligkeit Gottes. Für den Gläubigen bedeutet das, sich für das Leben und für das Glück zu entscheiden.
- Welches Echo ruft dieser Text in Ihnen hervor?
- In Vers 14 liest man: Das Wort ist ganz nah von dir, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen. Haben Sie das Gefühl, dass das stimmt? Wie kann das Wort Gottes in uns wohnen?
GEBET
Was sind deine Wege?
Was sind deine Wege, Herr,
und wie sind deine Straßen?
Wie weit werde ich gehen?
Ich bin schon gegangen, Herr,
und du warst plötzlich da, wo ich es nicht vermutet hatte.
Wie bist du, Herr,
und wie ist dein Antlitz?
Wann werde ich es sehen?
Ich habe es wohl gesehen, Herr,
denn du warst plötzlich da, wo ich es nicht vermutet hatte.
Wie ist deine Stimme, Herr,
und welche Worte sprichst du?
Wo werde ich sie hören?
Ich habe sie gehört, Herr,
aber du hast mich dort angesprochen, wo ich es nicht vermutet hatte.