02. GOTT WILL UNS BEGEGNEN
FÜR DAS GESPRÄCH
was man so sagt …
- Manchmal spüre ich, dass Gott mich ruft; das ist als würde er mir eine Faszination für ihn schenken.
- Gott hat seine Leute.
- Vertrauen ja, aber trotzdem kann man Fragen stellen – oder manchmal sogar zweifeln.
- Wenn Gott nur Versprechen für die Zukunft schenkt, bringt das überhaupt nichts. Denn wir leben ja heute.
- Ich habe den Eindruck: Ich bin es, der Gott sucht, und nicht er ist es, der sich uns nähert.
- Der Glaube ist ein Anfang, ein Abenteuer, aber wohin führt das?
Fragen
- Welche dieser Meinungen ist für Sie besonders interessant – oder zutreffend – oder falsch? Warum?
- Wie würden Sie Ihren Glauben beschreiben?
ENTDECKEN
Gott kommt, um uns zu begegnen. Mit dieser Überzeugung beziehen sich die Christen auch auf die Erfahrungen von Gläubigen, die schon vor vielen Generationen geglaubt haben. Die Bibel bringt uns in Kontakt mit jenen, die solche Begegnungen mit Gott bezeugen. Über alle Unterschiede hinweg, zwischen damals und heute, zwischen den unterschiedlichen kulturellen Gegebenheiten, ist ihr Zeugnis des Glaubens irgendwie zeitlos gültig.
Das gilt im Besonderen für Abraham, für seine Erfahrungen Gottes, die für die Geschichte mehrerer Religionen und wohl auch für die Geschichte der ganzen Menschheit bedeutsam sind.
Wer ist Abraham?
Er ist der Stammvater des Volkes Israel, der erste Patriarch. Seine Geschichte beginnt etwa im 18. Jh. vor Jesus Christus.
Die Berichte über dieses Volk werden am Anfang mündlich weitergegeben, später niedergeschrieben (im Buch Genesis ab Kapitel 12). Das Land Kanaan umfasste ungefähr das Gebiet des heutigen Israel und Palästina.
Abraham war Nomade und Schafhirte. Die biblischen Berichte erzählen, wie Gott sich offenbart als einer, der das Glück des Menschen will. Das Wohlwollen, mit dem Gott sich Abraham zuwendet, gilt jedoch allen Menschen der Erde zu allen Zeiten.
Damals war eine solche Erfahrung neu, vor allem hat sie konkrete Konsequenzen. Sie prägt fortan die Lebensgeschichte Abrahams, seines Stammes und des späteren Volkes. Im Vertrauen auf diesen Gott macht man sich auf den Weg in ein unbekanntes Land, in eine Zukunft voller Ungewissheiten. Es ist ein Glaube, der von den Veränderungen des Lebens herausgefordert wird und sich dabei bewährt. Zugleich geht es um innere Haltungen, auch in Bezug auf teilweise Misserfolg und Verachtung.
Ein Anruf Gottes, ein Neubeginn
Die Bibel erzählt, dass Abraham auf Gott gehört hat. Wer auf ihn hört, den lässt Gott verstehen, dass alles möglich ist, wenn man nicht auf seine eigenen Ideen und Gewohnheiten fixiert bleibt. Als er schon auf dem Weg ist (in Richtung Kanaan), macht Abraham Erfahrungen des Glaubens. Sein Weg orientiert sich an einer glücklichen Verheißung: ein Land, eine Nachkommenschaft, der Segen Gottes in einem Bund mit ihm.
Ein neuer Name, eine neue Situation
Abraham folgt dem Anruf Gottes. Sein Weg führt durch Zweifel und Illusionen hindurch. Sein Glaube wird geprüft. Abraham wandert von Ort zu Ort, er wird alt, ohne Hoffnung auf Nachkommenschaft. Aber Gott spricht noch immer und Abraham baut einen Altar für den Herrn. Er behält sein Vertrauen. Gott gibt ihm einen neuen Namen, aus dem ursprünglichen Abram wird Abraham, ebenso soll seine Frau Sara heißen, statt früher Saraï. Diese Namensänderungen drücken symbolisch aus, dass es um etwas Neues geht, um den Anfang eines neuen Volkes, des Volkes Gottes.
Gott verspricht ein Land und eine Nachkommenschaft
Doch es dauert sehr, sehr lange. Alles erscheint bereits als Illusion, als Aber-Glaube und die Verheißungen Gottes werden immer unwahrscheinlicher. Abraham sieht zwar das versprochene Land, aber er gehört nicht ihm, vielleicht erkennt er es gar nicht.
In der bereits kaum mehr erhofften Geburt seines Sohnes ahnt er dann das Entstehen eines kommenden Volkes. Die Verheißung Gottes ist Verheißung des Lebens.
Als geistliche Nachkommen Abrahams ist er für die Christen der Vater der Glaubenden. In ihm erfüllt sich die Verheißung Gottes: „In dir werden gesegnet sein alle Völker der Erde.“
Der Glaube, das Gottvertrauen, das ist keine geebnete Straße. Bei Abraham unterscheidet sich dies zudem zunehmend von den anderen religiösen Vorstellungen seiner Zeit und seiner Umwelt, die sich auf die Natur oder auf eine kosmische Energie beziehen. Die Zeitgenossen Abrahams bleiben bei den religiösen Praktiken ihrer Vorfahren. Wie kann man sich nun inmitten von all diesen Völkern als ein Volk verstehen, dem ein besonderes Versprechen Gottes gilt?
Und dann spitzt sich diese Frage noch zu. Menschenopfer waren in jener Epoche nicht ungewöhnlich. Davon beeinflusst ist Abraham bereit, seinen Sohn Isaak zu opfern. Aber im letzten Augenblick versteht er, dass Gott kein Menschenopfer will – weder im Namen einer Religion oder einer Ideologie, noch im Namen der Ehre, noch aus irgendeinem anderen Grund). Gott will niemals das Unglück von Menschen.
Der Glaube des Volkes hat keine Sicherheiten. Es ist auf der Suche, geleitet vom Wort Gottes. Schließlich führt der Weg „in ein Land, wo Milch und Honig fließen“. Dennoch bleiben Fragen und ein beständiger innerer Kampf der Gemeinschaft und jedes einzelnen Gläubigen, der in seinem begrenzten Glauben stets neu das Vertrauen auf Gott wach halten und erneuern muss.
Der Glaube: von Gott geschenkt
Die Erfahrungen Abrahams sind keine Geschichten der Vergangenheit. Oftmals entdecken Christen, wie eng sie als Nachkommen Abrahams ihm verbunden sind.
Das Schema bleibt dasselbe: Gott ergreift die Initiative, um den Menschen jeder gegenwärtigen Zeit zu begegnen. Sein Ruf kann uns auf den Weg bringen. Vertrauen in Gott zu wagen: das heißt durch alle Ereignisse hindurch glauben, dass Gott uns führt und das Wesentliche erkennen lässt, um das es im Leben wirklich geht.
Stichwort Abraham Er gilt als Stammvater von drei Religionen:
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Stichwort Jahwe: Dieses Wort beschreibt den Namen Gottes gemäß der Erfahrung des Mose (Ex 3,13-15): Das bedeutet: Ich bin da; bzw.: Ich bin, der der für dich da ist und immer da sein wird. Stichwort El Shaddaï: Das ist der alte Name für Gott zur Zeit der Patriarchen (ca. 1800 vor Christus). |
ZUR VERTIEFUNG
Abrahams Berufung und Wanderung nach Kanaan (Gen 12,1-4)
Der Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Ich will segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den will ich verfluchen. Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. Da zog Abram weg, wie der Herr ihm gesagt hatte, und mit ihm ging auch Lot. Abram war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran fortzog.
Die Beschneidung als Bundeszeichen (17,1-7)
Als Abram neunundneunzig Jahre alt war, erschien ihm der Herr und sprach zu ihm: Ich bin Gott, der Allmächtige. Geh deinen Weg vor mir, und sei rechtschaffen! Ich will einen Bund stiften zwischen mir und dir und dich sehr zahlreich machen. Abram fiel auf sein Gesicht nieder; Gott redete mit ihm und sprach: Das ist mein Bund mit dir: Du wirst Stammvater einer Menge von Völkern. Man wird dich nicht mehr Abram nennen. Abraham (Vater der Menge) wirst du heißen; denn zum Stammvater einer Menge von Völkern habe ich dich bestimmt. Ich mache dich sehr fruchtbar und lasse Völker aus dir entstehen; Könige werden von dir abstammen. Ich schließe meinen Bund zwischen mir und dir samt deinen Nachkommen, Generation um Generation, einen ewigen Bund: Dir und deinen Nachkommen werde ich Gott sein.
- Was spricht Sie in diesen Texten besonders an: die Haltung Abrahams, das Versprechen Gottes, oder etwas anderes?
- Haben Sie den Eindruck, dass der Glaube auch heute zu einem neuen Anfang, zu Veränderungen im Leben motiviert? Und wenn ja: auf welche Weise?
Eine Erfahrung
„Ich glaube, ich fühle mich ein bisschen wir Abraham. Denn heute bedeutet Christsein, sich oft am Rand zu fühlen, weil man einen Weg gewählt hat, den im Allgemeinen kaum jemand geht. Natürlich hat jeder seinen eigenen Weg. Für mich bedeutet das, dass der Glaube mich in Bewegung setzt, und ich möchte weitergehen. Ich zähle auf Gott. Er ermutigt uns, wenn wir bequem werden wollen, oder wenn wir kein Vertrauen zu anderen Menschen haben. Einen Glauben zu haben, voller Begeisterung, und sich dabei wie im siebenten Himmel fühlen, das ist vielleicht ein Augenblick. Aber wenn man nur das will, dann ist man sowieso unglaubwürdig.
Wenn Gott uns begleitet, dann stellt er uns mit den Füßen auf die Erde. Mit Christus ist der Weg immer interessant. Als Christ zu leben bedeutet, jeden Tag Neues zu entdecken. Christus spricht jeden Tag zu uns, er lässt uns jeden Tag Menschen begegnen. Und vor allem gibt es das Gebet, um das Wort Gottes zu hören.“
- Gibt es in diesem Zeugnis Aspekte, die sich mit Ihrer Erfahrung decken? Wenn ja: welche?
- Gott kommt, um uns zu begegnen. Welche Beziehung möchte er Ihrer Meinung nach mit jenen, die ihn suchen?
- Gott eröffnet einen Weg. Wie soll dieser Weg – Ihrer Meinung nach – aussehen für jene Menschen, die zu ihm Vertrauen haben?
GEBET
Das Glück ist oft lange Zeit abwesend,
doch der Mensch glaubt ganz fest, es schon gesehen und erlebt zu haben.
Immer wieder macht er den Fehler,
es so hoch und faszinierend erleben zu wollen,
dass es unerfüllbar, unerreichbar wird.
Oftmals schreitet das Leben voran
in Durchschnittlichkeit, Alltäglichkeit, Begrenztheit
und mit einem Bedauern über das, was man nie erlebt hat.
Wie kann man da noch hoffen?
Denn zu lange hat man sich getröstet:
Es wird schon kommen
morgen
morgen
vielleicht morgen …
Aber das hat man sich schon vorgestern gesagt
und man ist nur älter geworden.
Der Traum vom Glück ist noch immer da.
Er klopft an die Tür,
doch er verschwindet, sobald ich ihm öffnen möchte.
So viele haben mir gesagt, wie ich bin,
aber warum ich bin,
das wüsste ich gerne.
Das wäre mir wichtig.
Die Sehnsucht nach einer absoluten Erfüllung hilft nicht:
Der Mensch wartet auf Gott vielleicht sein ganzes Leben lang
in dieser Zeit
und Gott:
er wartet vielleicht in der Ewigkeit … ?
Wie kann man die Hoffnung auf eine Begegnung bewahren?
(nach: Maurice Piolet, 74, zu Beginn ihres Katechumenats)