Positionspapier
Der Katechumenat ist die Vorbereitung auf die Taufe für Erwachsene.
Geschichte
- Damit Menschen den Glauben gut kennenlernen konnten, entwickelte die Kirche bereits im 2. Jahrhundert den Katechumenat: eine schrittweise, ganzheitliche Einführung in den christlichen Glauben und den christlichen Lebensstil, der durch mehrere Feiern (Riten) vertieft und inspiriert wurde. Der / die Katechumene wurde dabei von einzelnen Christen oder einer christlichen Gemeinschaft begleitet.
Die Schriften der Kirchenväter beziehen sich immer wieder auf Situationen und Erfahrungen des Katechumenats.
- Im frühen Mittelalter hatte sich die Kirche etabliert und weit verbreitet, erwachsene Taufbewerber wurden selten. In dieser stabilen Situation, wo der christliche Glaube gesellschaftlich selbstverständlich wurde, hatte sich eine neue pastorale Praxis entwickelt: die Taufe von Kleinkindern wurde der übliche Weg der Aufnahme in die Gemeinschaft der Gläubigen. Damit wurde der Katechumenat jedoch ziemlich überflüssig. Er geriet in der Praxis weitgehend in Vergessenheit, wenngleich er in liturgischen Büchern weiterhin berücksichtigt wurde.
- Mit der weltweiten Missionstätigkeit der Kirche - vor allem im 18. und 19. Jahrhundert – wurde der Katechumenat in den verschiedenen Kontinenten neu entdeckt.
In Europa und Nordamerika erwachte das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer katechumenalen Einführung in den Glauben in der Mitte des 20. Jahrhunderts.
Die Einrichtung des Katechumenats wurde schließlich vom II. Vatikanischen Konzil wieder belebt (Sacrosanctum Concilium 64, Ad Gentes 14): Er soll ein lebendiger Prozess der Einführung in den Glauben und das Leben der Kirche sein.
1972 wurde dies im „Ritus der Eingliederung Erwachsener in den Glauben“ (OICA) detailliert beschrieben.
Seit 1968 gibt es zum Katechumenat auch einen europaweiten Erfahrungsaustausch, an dem im Lauf der Zeit immer mehr Länder und auch Vertreter einzelner anderer christlichen Konfessionen teilnehmen. Diese Treffen (EuroCat) finden alle zwei Jahre statt; dazwischen werden in einem „Büro“ wichtige Dinge von den nationalen Verantwortlichen für den Katechumenat besprochen.
Die veränderte Situation
- Das Selbstbewusstsein der Kirchen und der einzelnen Gläubigen hat sich verändert. Christliche Überzeugungen prägen die öffentliche Meinung viel weniger als früher. In der Kirche wächst das Bewusstsein, mit den Erfahrungen und Erkenntnissen des Glaubens heute „Dienerin“ zu sein und im Dialog mit der Gesellschaft an deren Weiterentwicklung zu arbeiten.
Vor allem geschieht dies durch eine Sensibilität in sozialen Fragen und bei allem, was die Würde und den Wert des menschlichen Lebens von seinem Anfang bis zu seinem Ende betrifft. Auch die Frage der Menschen nach Sinn findet in der Kirche einen verlässlichen Partner. Schließlich zeigt sich, dass bei weiterhin wachsendem Säkularismus Religion von Bedeutung bleibt, ja vielleicht noch wichtiger wird. Denn Religion hat immer gesellschaftliche Auswirkungen. Sie ist zwar eine persönliche, aber keine rein private Angelegenheit.
- Der „Trend zur Spiritualität“ – welcher Art auch immer – zeigt das Bedürfnis der Menschen, einen geistigen Rückhalt zu finden inmitten der Vielfalt an gesellschaftlichen Anforderungen und persönlichen Lebensmöglichkeiten.
Wo Menschen dabei den christlichen Glauben entdecken, finden sie im Katechumenat einen Weg, der ganz ihrer persönlichen Situation angepasst werden kann und der zugleich die Verbindung zur christlichen Gemeinschaft eröffnet.
Es wird noch einige Zeit dauern, bis der Katechumenat in der Kirche wieder allgemein bekannt und sein Wert auch für bestehende christliche Gemeinschaften, z.B. Pfarren, entdeckt wird. Aber die Erfahrung, dass ein Erwachsener, der bisher dem Glauben fern war und sich nun existenziell dafür interessiert, kann mancherorts den zur Routine gewordenen pastoralen Alltag in all seinen scheinbaren Selbstverständlichkeiten heilsam aufbrechen und zu einer Erneuerung und Verlebendigung des Glaubens in einer Gemeinschaft führen.
Das Allgemeine Direktorium für die Katechese (90) sieht den Katechumenat als Modell für die gesamte Pastoral und Katechese.
Christliche Initiation heute
- Der katechumeanle Weg beinhaltet eine grundlegende Phase der Einführung, in der man sich für Gott und für die Botschaft des Evangeliums öffnet, um dessen Bedeutung für das eigene Leben zu entdecken. Dies geschieht inmitten einer christlichen Gemeinschaft, die nach dem Evangelium lebt und es bezeugt. Im Zentrum der Botschaft steht Jesus Christus. Durch ihn beginnt man all das zu verstehen, was die Kirche vermittelt.
- Der Katechumenat gibt in seiner Prozesshaftigkeit Raum dafür, dass die Sehnsucht nach Gott erwacht. Die Menschen entdecken: er ist da, er ist Liebe, er hat einen Plan für mein Leben, der zutiefst gut ist. Der Wunsch, diesen Plan immer besser zu entdecken, eröffnet für die Katechumenen (aber auch für Begleiter/innen und Gemeinden) den Wunsch nach lebenslanger Glaubensvertiefung, die Bereitschaft zu einer fortschreitenden Umkehr, die immer tiefer zu einer Gemeinschaft mit Ihm führt, die Freude, Freiheit und Heil bringt.
Der katechumenale Prozess stellt eine Erfahrung eines „Glaubens auf dem Weg“ dar, der eng mit der christlichen Gemeinschaft verbunden ist. Dies führt zu einer persönlichen Beziehung zu Gott im Gebet, zu einem Teilen des Glaubens mit den Mitchristen und zu einem Engagement für diese Welt als Zeichen einer Liebe, die von Gott empfangen wurde und nun an die Mitmenschen weiter gegeben wird.
Auf dem Weg des Katechumenats entdeckt jede/r Einzelne die eigene Identität und seinen / ihren Ort in der Gemeinschaft der Kirche. Er / sie wird bereit, Zeuge des Glaubens in der Gesellschaft zu sein.
- Eine Frucht der Wiederentdeckung des Katechumenats ist ein vertiefter ökumenischer Dialog, der von verschiedenen kirchlichen Dokumenten, Initiativen, Begegnungen und pastoraler Zusammenarbeit gefördert wird.
Im Mittelpunkt steht nicht das Bestreben, neue Mitglieder für die eigene Konfession zu gewinnen, sondern Menschen zu helfen, den Anruf Gottes im eigenen Leben besser verstehen und folgen zu können.
Denn es ist die Taufe, die grundlegend über Konfessionsgrenzen hinweg eine fundamentale Geschwisterlichkeit aller Christen bezeugt.