Katechumenat als Modell
1. Begriff
Das Wort „Katechumene“ bedeutet so viel wie Schüler, Lehrling.
Darin steckt das Wort katechein, das bedeutet: widerhallen, Echo geben.
Es geht darum, dass im Schüler, im Lehrling etwas widerhallt, das er erfahren, erlernt hat. Wenn er ausgelernt hat, erklingt er selbst, dann wird er selbst zum Klangkörper.
Zum Begriff „Katechumenat“ ist festzuhalten, dass er sich immer auf das Taufkatechumenat, auf die Vorbereitung Erwachsener auf die Taufe bezieht. Ausnahme: Dieser Begriff wird ausdrücklich analog verwendet.
2. Das Modell
In Nr. 90 spricht das Allgemeine Direktorium für die Katechese davon, dass das Taufkatechumenat Inspirator der ganzen Katechese sein soll. – Was kann das heißen?
Ein Beispiel: Als die anglikanische Kirche in England in den 90er Jahren das Katechumenat der katholischen Kirche entdeckt und adaptiert hat, ging es nicht bloß um die Vorbereitung zur Taufe, sondern um jegliche Art von Glaubensvertiefung. In der Zwischenzeit allerdings ist dies in der anglikanischen Kirche Englands obsolet, da sich alles auf Alpha-Kurse hin konzentriert.
3. Katechumenat als Modell in der Pastoral – im Detail
3.1. Weg, Prozess
Es ist kein punktuelles Geschehen, es geht nicht darum, bloß zu hören und etwas über sich ergehen zu lassen, sondern es geht um die Ermöglichung einer Dynamik. Jemand ist bereit, sich innerlich in Bewegung zu setzen, Näheres zu erfahren, im Glauben zu wachsen. Voraussetzung ist eine Haltung der Offenheit.
3.2. Elementar
Was in einem Katechumenat inhaltlich zur Sprache kommt, zielt auf Anfänger. Man verzichtet auf Nebensächlichkeiten. Es geht irgendwie in Richtung eines Aufbaus reflektierter Volksfrömmigkeit, um einfach Fassbares, vielleicht um „Frommes“, aber nicht um Frömmelei!
Das aber ist ein Unterschied zu einer theologischen Weiterbildung oder zu einer Erwachsenenbildung, die für ein interessiertes Bildungsbürgertum da ist.
Elementares Wissen scheint heute immer wichtiger, auch für Gläubige, die zwar mit der Kirche leben, aber sich nicht unbedingt in Glaubensthemen regelmäßig vertiefen. Jedenfalls sind Glaubensbasics wichtig, wenn man über den Glauben ins Gespräch kommt, wenn man Zeugnis ablegen will über die Hoffnung, die man aus dem Glauben hat.
Stichwort: auskunftsfähig sein, Zeugnis geben, missionarisch sein.
3.3. Ganzheitlich – vom Lernen her (oder: ein Hauch von Lerntheorie)
Es geht um alle Dimensionen des Mensch-Seins, um Verstand, Gefühl, Handeln.
Verstand: Katechese vermittelt Wissen, Inhalte. Das ist keine Einbahn, kein bloßer Vortrag, sondern braucht die Möglichkeit zum Widerhall, d.h. zur Reflexion, zum Dialog, zum Gespräch, zur Verinnerlichung. Deshalb braucht eine Katechese nach dem Modell des Katechumenats zeitgemäße, Person-orientierte, situationsbezogene Formen einer Erwachsenenbildung, die nicht nur für ein Bildungsbürgertum geeignet sind.
Gefühl: Glauben ist etwas Frohes, etwas Erfreuliches. Das soll durchklingen. Es geht im Glauben um Gefühle, um Empathie, um Glaubensfreude. Vieles auf der Gefühlsebene wird vermittelt durch die Personen: Priester, pastorale Mitarbeiter/innen, Referent/innen, Begleitpersonen. Es gibt eine unbewusste, unwillkürliche Gefühlsübertragung – und man spürt die Freude, die Begeisterung – oder die Problemorientiertheit der beteiligten Personen.
Auch Musik überträgt Gefühle.
Achten Sie darauf, was wirklich vermittelt wird durch die Art und Weise, wie etwa „Lass uns alle fröhlich sein“ (oder ein anderes Lied, das von Freude spricht) gesungen wird.
Handeln: Zur Ganzheitlichkeit gehört es, zum Handeln zu motivieren und noch grundsätzlicher zu Haltungen und zum Arbeiten an Haltungen.
Umkehr = meta-noia zielt nach einem Neu-Denken auch auf ein Neu-Handeln. Die Kurzform „man soll“ dies und jenes ist aber zu wenig; sondern: Es macht Sinn, es hat einen Bezug zu einem größeren Ganzen, es ist vor Gott relevant.
Zum Lernen gehört das Üben: Ausprobieren, Experimentieren, Mitmachen (learning by doing), Erfahrungen machen und reflektieren, über Erlebnisse reden.
3.4. Ganzheitlich – von der Pastoral her
Katechese / Glaubensvermittlung / Glaubenskurs
In der Katechese geht es um ein Ansprechen von Verstand, Gefühl, Handlungsmotivation und vor allem um die Verbindung Glauben und Leben.
Das bedeutet, dass Fragen und Anliegen der Teilnehmenden aufgegriffen werden.
Wichtig ist eine personenbezogene und situationsbezogene Durchführung, auch was die Einfachheit der Sprache betrifft.
Persönliche Begegnungen mit Christen
In pastoralen Ereignissen erlebt man Menschen und liest an ihnen ab, was der Glauben für sie bedeutet, wie sie sich als Christen verstehen. Es ist zu beachten, dass die „Körpersprache“ vieles unbewusst transportiert, vor allem Authentizität.
Im Kontakt mit Personen, die hier begegnen, geht es um Grundhaltungen: Offenheit, Aufmerksamkeit, Interesse für jemanden … (siehe: Die österreichischen Bischöfe 11, Verkündigung und Neuevangelisierung in der Welt von heute, Kapitel 6 und 7).
Ich glaube, dass das Thema „Begleiter“ und „Glaubensbegleiter“ in Zukunft in unserer Pastoral wichtiger werden wird.
Gemeinschaft
Über begegnende Einzelpersonen hinaus gibt es weitere Kontakte und Begegnungen. Wichtig ist, dass man Aufmerksamkeit schenkt und offen und vorurteilsfrei begegnet. Gemeinschaft wird erlebt durch Dabei-Sein, Mitleben, Sich-Beteiligen, Partizipation. Das ist zu ermöglichen, dazu ist einzuladen.
Pastorale Fragen im Hintergrund: Wie gehen Gemeindemitglieder miteinander um? Welchen Eindruck von Christ-sein gewinnt man daran? – Wie werden „Neue“ beachtet und angenommen?
Liturgie
Die katechumenalen Liturgien sind eine Inspiration. Sie bezeichnen eine Wirklichkeit, die sie tatsächlich erlebbar machen: einen Schritt im Glauben.
In diesem Sinn kann man sich anregen lassen zu Feiern, an denen man etwas übergibt; oder zu Wort- bzw. Bußgottesdiensten, die von den katechumenalen Riten (z.B. Skrutinien) inspiriert sind.
Gebet
Das Gebet ist Teil des Christ-seins. Es soll in allen katechetischen / pastoralen Ereignissen seinen Platz haben, und zwar in jenen Formen, die situationsbezogen angemessen sind.
Caritas ist Nächstenliebe
Natürlich geht es um praktische Hilfsbereitschaft, um soziales Handeln, um ein neues Handeln, das vom Evangelium angeregt ist.
Noch grundsätzlicher aber geht es um eine Haltung des Wohlwollens gegenüber allen Menschen. Das soll gefördert werden. Das ist keinesfalls selbstverständlich.
Eine unerfreuliche Erkenntnis liefert eine kürzlich durchgeführte Studie zur Xenophobie, bei der sich Christen nicht von der Durchschnittsbevölkerung unterscheiden.
Heilige Schrift
Es geht darum, Bezüge herzustellen zum Wort Gottes. Die Bibel ist nicht so einfach. Und wenngleich man eine Lektüre der Evangelien leicht empfehlen kann, sieht dies mit vielen Texten des Alten Testamentes ganz anders aus. Das braucht Begleitung, Gespräche, Verstehenshilfen.
Nicht zu vergessen wäre in diesem Zusammenhang die Rolle der Bibel überhaupt als Bezugspunkt für die Pastoral, und zwar nicht nur als Zierrat, sondern als Fundament.
Jesus Christus
Immer geht es um die Eröffnung und Förderung einer Beziehung zu Jesus Christus. Diese kann freilich sehr unterschiedlich aussehen.
Zwischen einer Nachfolge, einer Jüngerschaft oder Jesus als Vorbild oder Jesus als Inspiration gibt es eine ganze Bandbreite von Beziehungsmustern. Jeder hat einen persönlichen Weg mit Jesus, der auch unterschiedlich intensiv erfahren wird.
Es ist ein erstes, ein zweites, ein fortschreitendes Kennenlernen, das sich im Lauf der Zeit entwickelt.
(Siehe dazu: www.pastoral.at /Stichworte / Jesus-Beziehungen)
4. Abschluss
Und damit geht es um uns. Wir sind im Namen Christi zusammengekommen – als seine Freunde, die zur Freundschaft mit allen berufen sind, die ihn suchen, die ihn gefunden haben, die mit ihm auf ihre Art unterwegs sind.
Walter Krieger, Studientag Katechumenat
Wien – Don Bosco Haus, 7.10.2019
Gebet
Christus,
in jedes Lebewesen legst du zuallererst
und immer wieder ein Wort,
ein Wort, das Verzeihung
und Vertrauen Gottes
in den Menschen ist.
Um dir nachfolgen zu können,
schenkst du uns die Energie,
immer wieder neu zu beginnen.
Dir nachfolgen, in den
unbedeutenden alltäglichen Ereignissen,
heißt einen Weg erkennen:
einen Weg, der alles andere ist
als starres Gesetz;
du, Christus, bist der Weg,
und auf diesem Weg
kommt uns Gott entgegen.
(Roger Schütz)
Arbeitsblatt: Katechumenat als Modell (7.10.2019)
1. Begriff
„Katechumene“ = Schüler, Lehrling
„kat-echein“ bedeutet widerhallen, Echo geben
Es geht also darum, dass im Schüler, im Lehrling etwas widerhallt, das er erfahren, erlernt hat. Und wenn er dann ausgelernt hat, dann erklingt er selbst.
2. Das Modell
Allgemeines Katechetische Direktorium:
Da die Mission ad gentes das Musterbeispiel des ganzen missionarischen Wirkens der Kirche ist, bildet der mit ihr verbundene Taufkatechumenat das Modell, das ihr katechetisches Wirken inspiriert. (Nr. 90)
Das Modell jeder Katechese ist das Taufkatechumenat, nämlich die spezifische Bildung, durch die der zum Glauben gekommene Erwachsene während der Ostervigil zum Glaubens-bekenntnis geführt wird. Diese katechumenale Bildung muss die anderen Formen von Katechese in ihren Zielsetzungen und ihrer Dynamik inspirieren. (Nr. 59)
„Katechumenat“ – es geht um Vorbereitung auf die Taufe (geplantes neues Allgemeines Katechetisches Direktorium). Ansonsten kann der Begriff nur ANALOG verwendet werden.
3. Katechumenat als Modell im Detail
- Weg, Prozess
- Elementar
- Ganzheitlich – vom Lernen her
Verstand – Gefühl – Handeln – Einüben
- Ganzheitlich – von der Pastoral her
- Katechese / Glaubensvermittlung / Glaubenskurs
- Persönliche Begegnung mit Begleitern und Vortragenden
- Gemeinschaft
- Liturgie
- Gebet
- Caritas – Nächstenliebe
- Heilige Schrift
- Jesus Christus (siehe dazu: www.pastoral.at /Stichworte / Jesus-Beziehungen)